Diebstahl-Fälle am Bahnhof Bern explodieren
Der Bahnhof Bern erlebt einen Kriminalitäts-Boom – ein Experte vermutet Banden und Drogensüchtige als Ursache. Aktuelle Zahlen sprechen für diese These.
Das Wichtigste in Kürze
- Kriminalitätsboom am Bahnhof Bern: Trickdiebstähle und Raubüberfälle nehmen zu.
- Ein Experte vermutet einen Zusammenhang mit einer Zunahme von Drogensüchtigen.
- Aktuelle Zahlen sprechen für diese These.
Kriminalität boomt am Bahnhof Bern. Ein Experte vermutet unter anderem Banden und eine grössere Drogenszene als Ursachen.
Die Zahlen der Berner Kantonspolizei: Wurden 2019 noch 170 Diebstähle registriert, waren es 2022 satte 244. Das bedeutet eine Zunahme von rund 44 Prozent.
Auch der Trick-Diebstahl hat zugenommen und zwar von 14 auf 23 Fälle (64 Prozent). Taschendiebe gingen 2022 ebenfalls dreister vor als noch vor Corona. 2019 kam es zu 141 gemeldeten Vorfällen, 2022 waren es 227 (61 Prozent). Ladendiebstähle stiegen mit 63 Prozent ähnlich stark von 215 auf 350.
Die krasseste Zunahme gab es bei den Raubüberfällen: Hier verzeichnet die Kapo einen Anstieg von 114 Prozent (von 7 auf 15 Fälle).
Diebe steuern bewusst Bahnhof an
Wie ist diese Zunahme zu erklären? Kriminologe Dirk Baier sagt: «Ich denke, dass Täter bewusst verstärkt zu Diebstählen den Bahnhof ansteuern. Und zwar, weil sie aufgrund der Menschenmassen geeignete Opfer finden und eine Kontrolle durch Polizei und Sicherheitskräfte erschwert ist.»
Bahnhöfe seien grundsätzlich immer Hotspots von Kriminalität, «gerade in Grossstädten». Baier wittert zudem mehr aktive Banden.
Süchtige klauen für Drogen
Die Zunahme an Fällen lässt sich laut Baier bis zu einem gewissen Grad mit dem Bevölkerungswachstum erklären. Aber: Die Bevölkerung ist in Bern von 2019 bis 2022 nur um 1,2 Prozent gestiegen. Es gab aber 57 Prozent mehr Vermögensdelikte.
«Wir dürfen nicht vergessen, dass Diebstähle auch häufig begangen werden, um die eigene Sucht zu finanzieren», fügt Baier hinzu. Tatsächlich sind Drogen ein Problem, das die Stadt Bern zunehmend beschäftigt.
Die Berner Gesundheit, eine Anlaufstelle für Süchtige, stellt fest: «In den Jahren 2013 bis 2022 ist vor allem die Zunahme beim Kokain und Kokain-Derivaten wie Crack sehr gut ersichtlich.»
Auch Amphetamine seien auf dem Vormarsch. 2019 gab es 40 Neuanmeldungen für Beratungsgespräche wegen Kokain-Problemen. 2022 waren es 45.
Doch auch kantonal gibt es einen Aufwärts-Trend: Die Anzahl Neuanmeldungen wegen Kokain und Crack stieg von 72 auf 91.
Noch mehr hat die Gruppe der anderen Substanzen zugenommen. 2019 meldeten sich diesbezüglich 29 Personen bei der Berner Gesundheit, 2022 waren es 38.
Weniger Gewalt
Immerhin: Die Anzahl Gewaltdelikte hat laut der Polizei am Bahnhof Bern markant abgenommen. Gab es 2019 noch 48 Fälle von Gewalt und Drohung gegen Beamte, waren es 2022 «nur» 21.
Die Kapo verweist darauf, dass die Zahlen bestimmten Schwankungen unterworfen sein könnten, beispielsweise durch präventive Polizei-Präsenz. Zudem sei das Anzeigeverhalten sehr unterschiedlich.