Schweizer Israelitischer Gemeindebund: «Das ist besorgniserregend»
Wie Nau-Recherchen zeigen, verkaufen Ex Libris und Orell Füsslis antisemitische Bücher. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund ist besorgt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die grossen Schweizer Buchhändler führen diverse problematische Inhalte.
- Darunter finden sich Nazi-Bücher, viele mit antisemitischem Inhalt.
- Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund ist besorgt.
Im breiten Angebot von Ex Libris finden sich rund 4,5 Millionen verschiedene Bücher. Darunter auch die antisemitische Schrift «Die Protokolle der Weisen von Zion und die jüdische Weltpolitik». Autor des Machwerks war einer der führenden Ideologen der faschistischen NSDAP.
Ex Libiris entschuldigte sich für den Vorfall, es handle sich um einen Fehler. Nach der Anfrage von Nau verschwand das Buch aus dem Sortiment. Ähnlich sieht es bei Orell Füssli aus. Während in Deutschland solche Medien teilweise indiziert werden, kennt die Schweiz keine solche Regelung.
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) findet dies heikel. Generalsekretär Jonathan Kreutner: «Extremistische Schriften sind dazu geschrieben worden, dass ihre Botschaften und Weltbilder verbreitet werden und Menschen diese Sichtweisen übernehmen.»
Mindestens mit Einbettung
Dies sei per se für die Gesellschaft schwierig. Aus diesem Grund plädiert der SIG dafür, dass solche Bücher, Schriften und andere Veröffentlichungen mit extremistischen, rassistischen und antisemitischen Inhalt gar nicht erst im Umlauf geraten. Und wenn, dann «sicher nicht ohne begleitende Einbettung».
Verschiedene problematische Werke werden oft in einer kommentierten Edition herausgegeben. Dabei werden etwa falsche Angaben kommentiert sowie der Entstehungskontext erläutert.
Im Fall von Ex Libris wurde das Buch als «wissenschaftlicher Quelltext» verkauft. Also unkommentiert. Mit der Kennzeichnung als «Quelltext» möchte der rechtsextreme Verlag eine Legitimation erreichen.
Verkauf sorgt für Legitimation
Diese Gefahr sieht Kreutner auch, wenn Bücher in «normalen» Läden verkauft werden. Kreutner: «Das ist besorgniserregend.» Der Generalsekretär stellt die Frage, ob es nicht auch an der Eigenverantwortung der Unternehmen – also auch der Vertriebe – liege, dass hetzerische und gefährliche Inhalte keine Verbreitung finden würden.
Ein Beispiel aus Zürich zeigt, wie schwer man gegen solche Schriften vorgehen kann. Ein Buchladen vertrieb antisemitische und rechtsextreme Schriften. Der SIG reichte eine Anzeige wegen Verstosses gegen die Rassismusstrafnorm ein.
Doch: «Das Verfahren wurde leider eingestellt, weil momentan die gesetzlichen Grundlagen offenbar nicht ausreichen, um die Verbreitung solcher Schriften und Ideologien zu verhindern und die Vertreibenden zur Verantwortung zu ziehen», sagt Kreutner. Eine Änderung der Handhabung ist bisher nicht in Sicht.