Schwule wegen Affenpocken von Hasswelle überrollt
Bei homo- und bisexuellen Männern kommt es besonders oft zu einer Ansteckung mit Affenpocken. Droht nun auch in der Schweiz eine Stigmatisierung?
Das Wichtigste in Kürze
- Bereits über 370 Fälle von Affenpocken wurden in der Schweiz gemeldet.
- Oft handelt es sich bei den infizierten Personen um homo- und bisexuelle Männer.
- In den sozialen Medien kommt es immer wieder zu homophoben Ansichten und Kommentaren.
Bisher ist die Infektionskrankheit Affenpocken in der Schweiz besonders unter Männern verbreitet, die mit Männern Sex haben. Diese Tatsache befeuert Falschmeldungen und schwulenfeindliche Äusserungen.
«Ich bekomme zurzeit so viele homophobe Rückmeldungen wie noch selten», sagt Roman Heggli von der Schwulenorganisation Pink Cross zu Nau.ch. Vor allem im Internet, per Mail oder in Kommentaren von News-Artikeln komme es häufig zu üblen Beleidigungen und falschen Behauptungen.
«Ich höre immer wieder, dass wir uns einfach ‹zusammennehmen› und keinen Sex mehr haben sollten. Das zeigt, dass schwuler Sex noch immer als etwas ‹Schmutziges› angesehen wird», sagt Heggli.
«Corona-Skeptiker sind besonders getriggert»
Auffallend: Gerade in diversen Corona-Verschwörer-Chats wird intensiv über Affenpocken diskutiert – geteilt werden auch Fake News und Beleidigungen. Das beweist etwa der Screenshot einer Nachricht, in der fälschlicherweise behauptet wird, «Affenpocken betreffen nur Schwule».
Laut dem Soziologen und Verschwörungstheorie-Experten Marko Kovic wurde bereits fälschlicherweise behauptet, Affenpocken seien eine Nebenwirkung der Covid-Impfungen.
Teilweise käme es zudem – wenn auch klar in der Minderheit – «zu grob homophoben Kommentaren», so Kovic.
Auch Heggli von Pink Cross beobachtet bei Reaktionen von einzelnen Corona-Skeptikern eine Tendenz zu Homophobie. «Das hängt wohl mit unserer Forderung zur besonderen Lage zusammen. Dadurch fühlen sich die Massnahmen-Gegner besonders getriggert.»
So oder so seien Politik und Gesellschaft in nächster Zeit gefordert. Denn: «Mit steigenden Fallzahlen und grösserer öffentlichen Diskussion dürfte der Hass gegen homo- und bisexuelle Männer weiter zunehmen», befürchtet Heggli. «Dagegen müssen wir als Gesellschaft ankämpfen!»
Hohe Dunkelziffer
Der erste Affenpocken-Fall in der Schweiz wurde vor rund zwei Monaten entdeckt. Seither haben sich über 370 weitere Personen infiziert. Da keine Tests verfügbar sind, muss mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden.
Mit einer Impfung könnte man sich vor einer möglichen Ansteckung schützen. Doch diese ist im Gegensatz zu vielen anderen Staaten in der Schweiz noch nicht zugelassen. Viele Schwule fühlen sich deshalb vom Bund im Stich gelassen und sind frustriert.