Senioren verzichten auf Vortritt – obwohl man extra anhält
Velos und Autos müssen am Fussgängerstreifen anhalten. Doch ältere Fussgänger lassen lieber anderen den Vortritt. Ein simpler Tipp kann diese Verwirrung lösen.
Das Wichtigste in Kürze
- Senioren verzichten am Fussgängerstreifen oft auf den Vortritt, was zu Verwirrung führt.
- Ältere Verkehrsteilnehmende handeln dabei aus Freundlichkeit oder aus Unsicherheit.
- Experten empfehlen Fussgängern zum Schritt zurück, um Missverständnisse zu vermeiden.
Ein Velofahrer fährt auf den Fussgängerstreifen zu. Dort wartet jemand, der die Strasse überqueren will, der Velofahrer bremst ab. Doch dann bleibt der Fussgänger stehen, verzichtet auf den Vortritt.
Was folgt, sind wilde Handzeichen und grosse Verwirrung. Der Velofahrer ärgert sich, weil er extra abbremst und der Fussgänger dann doch nicht rübergeht. Der Fussgänger glaubt, den anderen Verkehrsteilnehmenden einen Gefallen zu machen.
Solche Szenen, wie sie die Nau.ch-Redaktion beobachtet, werden immer häufiger. Oft sind es Seniorinnen und Senioren, die am Fussgängerstreifen auf ihren Vortritt verzichten.
«Mit der zunehmenden Zahl an Verkehrsteilnehmenden nehmen solche Vorkommnisse tatsächlich zu», bestätigt Peter Burri Follath von «Pro Senectute» gegenüber Nau.ch.
Ob sich Seniorinnen und Senioren anders als jüngere Verkehrsteilnehmende verhalten, lasse sich zwar statistisch nicht beurteilen. «Es ist jedoch sicher, dass ältere und sehr alte Menschen oft unsicherer sind und sich vorsichtiger verhalten. Indem sie anderen lieber einmal mehr den Vortritt lassen.»
Burri Follath verweist auf körperliche Einschränkungen mit zunehmendem Alter. Und: «Man ist weniger an den schnellen Verkehr gewöhnt, weil man sich seltener im Strassenverkehr bewegt und das Verkehrsaufkommen zugenommen hat.»
«Freundliche» Senioren haben «mehr Zeit»
Dominik Bucheli vom Fussgängerverband «Fussverkehr Schweiz» ergänzt gegenüber Nau.ch: «Einige Senioren wollen, gerade auch weil sie langsamer unterwegs sind, den Verkehr nicht zu lange aufhalten. Zusätzlich haben diese Seniorinnen und Senioren oft auch Zeit und wollen deshalb freundlich zu den anderen Verkehrsteilnehmenden sein.»
Christoph Merki von «Pro Velo Schweiz» bestätigt: «Ältere Personen fühlen sich möglicherweise gehetzt, wenn jemand warten muss.» Dazu komme: «Gegenüber Velofahrenden könnte das Motiv sein, sie nicht abbremsen und wieder anfahren zu lassen.»
Auch Autofahrerinnen und Autofahrer sehen sich mit der Vortritts-Verwirrung konfrontiert. Vanessa Flack vom TCS bestätigt die Gefahr für Missverständnisse und erklärt bei Nau.ch: «Die Autofahrerin oder der Autofahrer ist per Gesetz verpflichtet anzuhalten.»
Hinzu komme, dass Fussgänger im Zweifel die verletzbareren sind. «Also auch um sicherzugehen, halten Autofahrer trotzdem an.»
Wie kann das Missverständnis entwirrt werden? Der TCS empfiehlt den Fussgängerinnen und Fussgängern, einen Schritt zurück zu machen, wenn sie auf den Vortritt verzichten wollen. «Und den Autofahrern Handzeichen zum Weiterfahren geben, dann ist die Situation klarer», so Flack.
Fussgänger-Verband warnt vor Handzeichen
Auch der «Fussverkehr Schweiz» rät zum Schritt zurück. Von Handzeichen wird allerdings abgeraten.
Dominik Bucheli erklärt: «Es könnte durchaus sein, dass noch andere Fussgänger da sind, die nicht auf den Vortritt verzichten möchten. Niemand möchte ein Handzeichen gegeben haben, das dazu führt, dass ein anderer Fussgänger überfahren wird.»
Der Schritt zurück sollte allerdings nur gemacht werden, solange das heranfahrende Fahrzeug noch fährt. «Wenn ein Fahrzeug ganz angehalten hat, nehmen Sie den Vortritt in Anspruch», rät Bucheli. «Das Verzichten würde in diesem Falle die Situation zusätzlich verzögern.»
Peter Burri Follath von «Pro Senectute» rät Seniorinnen und Senioren zudem: «Lassen Sie sich nicht entmutigen und vermeiden Sie es, drinnen zu bleiben.» Schliesslich sei Bewegung äusserst wichtig. «Wenn es geht, vermeiden Sie Hauptverkehrszeiten.»