Shirin Neshats «Land of Dreams» ist eine Warnung
In ihrem neuen Film «Land of Dreams» zeigt die iranische Künstlerin und Filmemacherin Shirin Neshat, was passieren kann, wenn man sich nicht gegen autoritäre Regime wehrt.
Das Wichtigste in Kürze
- Simin (Sheila Wand) ist eine sogenannte «Traumfängerin».
Auf einem surrealen Roadtrip fährt sie durch den Mittleren Westen und sammelt die Träume der Menschen ein, die sie besucht. Die Protokolle liefert sie Zensus, der wichtigsten Behörde der autoritären Regierung, ab. Zu Hause aber verwandelt sie sie in etwas Neues, Kunstvolles, indem sie in die Rollen der Interviewten schlüpft und deren Träume vor der Kamera in einer Art Performance auf Farsi rezitiert.
Wie Shirin Neshat ist die Hauptfigur von «Land of Dreams» eine gebürtige Iranerin, die in den USA lebt. Sie kann sich weder mit der einen noch mit der anderen Kultur zu hundert Prozent identifizieren. Ausserdem ist sie wie Neshat ebenfalls Fotografin.
Neben Simin gehören Alan (Matt Dillon) und Mark (William Moseley) zu den zentralen Figuren in der satirischen Komödie. Die beiden Männer verkörpern, so Neshat, zwei amerikanische Klischees – jenes der machoiden Cowboys und jenes eines romantischen, naiven Hippies. Diese Idee stamme von dem 2021 verstorbenen Drehbuchautor Jean-Claude Carrière («Le charme discret de la bourgoisie»), der als Franzose einen entsprechenden Aussenblick auf die USA hatte. «Ich habe diese Idee übernommen und ins Extreme gezogen.»
Simin, die im Film ausserdem einem bis zuletzt ungelösten Familiengeheimnis auf der Spur ist, fühlt sich von beiden Männern angezogen. Mehr noch ist sie aber von ihrer stetig wachsenden Skepsis ihrem Arbeitgeber gegenüber angetrieben, der mit den Träumen der Menschen sein Unwesen treibt, die Amerikanerinnen und Amerikaner manipuliert und vom Rest der Welt abschottet.
«Der Film ist eine Warnung», sagte Shirin Neshat, die an den kürzlichen Filmvorführungen in Bern und Zürich persönlich anwesend war. Ein Blick in die Zukunft eines Landes, in dem sich die Bevölkerung nicht gegen das autoritäre Regime zur Wehr setzt. Und natürlich kam sie in dem Zusammenhang auf die aktuellen Geschehnisse in ihrer Heimat Iran zu sprechen. Einem Land, in dem die Schwelle zur Tyrannei längst überschritten worden ist.
Die Hoffnung war ihr anzusehen, als sie von der «ersten weiblichen Revolution» sprach, dem «schönsten und mutigsten Aufstand der Welt». Shirin Neshat, die betont, eine Künstlerin und keine Aktivistin zu sein, bat auch die Schweiz um Unterstützung für die Menschen, die sich in ihrem Land für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzen.
«Das ist keine lokale, sondern eine weltweite Angelegenheit». Niemand wisse, wie die Zukunft aussieht, «doch ihre Schönheit liegt in der Hand der Menschen».