Bremsen, fehlendes Blinken, zu geringe Abstände: Im Strassenverkehr kann es rasch mal gefährlich werden – auch wegen des ÖVs. Wie Velokuriere damit umgehen.
Velokuriere
Velokuriere sind tagtäglich den Gefahren des Strassenverkehrs ausgesetzt. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Strassenverkehr ist hektisch und manchmal auch gefährlich.
  • Velokuriere und ÖV-Unternehmen wollen beide eines: schnell ans Ziel kommen.
  • Nau.ch hat nachgefragt, wie oft es zu brenzligen Situationen kommt.
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«Mein Kind arbeitet als Velokurier und wird regelmässig an Leib und Leben gefährdet.» Das schreibt ein User auf der Plattform X und prangert dabei die ÖV-Unternehmen Bernmobil und Postauto an.

Gegenüber Nau.ch führt der User seine Kritik aus. Folgende Dinge gefährdeten seinen Sohn: Abruptes Bremsen, fehlendes Blinken, zu geringe Sicherheitsabstände und unachtsames Verhalten gegenüber Velofahrenden. Ebenso gefährliches Überholen und abruptes Abbiegen. «Das ist nur eine Frage der Zeit, bis da was passiert.»

Hast du im Strassenverkehr schon mal eine gefährliche Situation beobachtet?

Solche Gefährdungen gingen nicht nur vom öffentlichen Verkehr, sondern auch von Autofahrenden aus. Aber: «Meiner Meinung nach sind Lenkerinnen und Lenker von öffentlichen Verkehrsmitteln besonders verpflichtet, vorsichtig im Strassenverkehr zu sein.»

Nau.ch konfrontiert die angeprangerten ÖV-Unternehmen.

«Der Vorwurf ist allgemein. Sicherheit hat bei Bernmobil die oberste Priorität», sagt Sprecher Rolf Meyer. Das Personal sei entsprechend geschult, auf gefährliche Überholmanöver verzichte man.

Busfahrer müssen für Kurs selbst aufs Velo steigen

Allerdings könne es aufgrund der engen Strassenverhältnisse und des dichten Verkehrs immer wieder zu gefährlichen Situationen kommen. «Wir sind froh, wenn Vorfälle uns konkret gemeldet werden. Die Situation wird dann mit der betroffenen Fahrerin oder dem betroffenen Fahrer angeschaut, um daraus die nötigen Lehren zu ziehen.»

Zudem biete man einen speziellen Kurs an, in denen die Fahrerinnen und Fahrer selbst mit dem Velo unterwegs sind. «So erleben sie selbst, wie sich die Situation auf dem Velo anfühlt.»

Auch Postauto betont, dass sich die Fahrerinnen und Fahrer an die Verkehrsregeln halten. Wenn der Eindruck entstehe, das sei nicht der Fall, solle man sich bei Postauto melden. «Wir würden beim entsprechenden Fahrer nachfragen», sagt Sprecherin Katharina Merkle.

Velo
Der Job als Velokurier ist nicht ohne.
Velo Bernmobil
Teils lauern Gefahren – auch wegen des öffentlichen Verkehrs.
Postauto
Die ÖV-Unternehmen betonen jedoch, dass das Personal entsprechend geschult sei.
Velokurier
Velokurier-Unternehmen sind keine nennenswerten Vorfälle bekannt.
Velo
Die Verkehrsregeln sollten eingehalten werden.

Das System funktioniere mit gegenseitiger Rücksichtnahme. «So sind wir den Fahrradfahrenden dankbar, wenn sie an engen Stellen nicht versuchen, das Postauto noch zu überholen.»

Doch wie gefährlich ist das Leben als Velokurier tatsächlich?

Velokurier-Unternehmen betonen gegenüber Nau.ch einen respektvollen Umgang zwischen Kurierinnen und Kurieren und dem öffentlichen Verkehr.

Keine nennenswerten Vorfälle bekannt

Florian Waber von Velokurier Bern sagt, man komme sich nur selten in die Quere. «Weil wir schnell unterwegs sind und deswegen weniger oft überholt werden als andere Verkehrsteilnehmende. Und uns flüssig in den Verkehr einreihen.»

Zwar könne schon mal vorkommen, dass ein Kurier abbremsen müsse, weil gerade ein Bus abbiege. Doch gefährlich werde das selten, da man die Manöver kenne und aufmerksam unterwegs sei. Waber sagt: «In 15 Jahren als Kurier beim Velokurier Bern kann ich glücklicherweise von keinem nennenswerten Vorfall mit einem öffentlichen Verkehrsmittel berichten.»

Drohnenaufnahmen von Zürichs meist befahrenen Strassen im Feierabendverkehr - Nau.ch/Nico Leuthold

Auch Jérôme Thiriet von der Kurierzentrale Basel sagt: «Vorfälle mit ÖV sind uns keine bekannt.» Das Fahrpersonal des öffentlichen Verkehrs verhalte sich «äusserst professionell».

Ähnlich klingt es auch aus Zürich. Und der Essenslieferer «Just Eat» sagt: «Obwohl wir uns der Risiken des Strassenverkehrs bewusst sind, haben wir keinen Trend zur Zunahme dieser Art von Fällen festgestellt.»

Gewerkschaft fordert mehr Fürsorge von Arbeitgebern

Martin Loosli von der verantwortlichen Gewerkschaft Syndicom sagt: «Gute Arbeitsbedingungen und ein griffiges Arbeitszeitgesetz wirken präventiv und erhöhen die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmenden.» Mit sicheren Verkehrsrouten, autofreien Innenstädten und verkehrsberuhigenden Massnahmen in urbanen Gebieten könne man die Sicherheit weiter erhöhen.

Weiter sei es wichtig, dass die Velo- und Foodkurier-Unternehmen ihren Angestellten sichere Arbeitsmittel zur Verfügung stellen. «Gerade, wenn es um die Wartung der Velos geht, orten wir noch viel Luft nach oben», so Loosli. «Aus Sicht der Gewerkschaft Syndicom tragen die Arbeitgeber eine grosse Verantwortung und nehmen ihre Fürsorgepflicht teils zu wenig wahr.»

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