So viele Lehrer haben wirklich kein Diplom
Die Sommerferien sind vorbei, ein neues Schuljahr beginnt. Wegen des akuten Lehrermangels steht aber nicht immer eine qualifizierte Lehrperson vor der Klasse.
Das Wichtigste in Kürze
- Der akute Lehrermangel in der Schweiz zwingt viele Schulen zu Notfallmassnahmen.
- In einigen Kantonen wurde vor dem Schulstart nicht-qualifiziertes Personal angestellt.
- In Bern hat jeder zehnte Lehrer kein Diplom, in Zürich sind es weniger.
Der schweizweite Fachkräftemangel ist zurzeit das grosse Sorgenkind vieler Schulen. Bereits vor den Sommerferien warnten die Kantone vor fehlendem Personal. Teilweise rechnete man sogar schon mit Klassen-Auflösungen.
Um dies zu verhindern, wurde teilweise zu Notlösungen gegriffen: Wenn kein anderes Personal gefunden werden kann, sollen auch Lehrer ohne Diplom angestellt werden, teilten die Bildungsdirektionen mit.
So ist es den Kantonen irgendwie gelungen, das Feuer in den Schulen zumindest vorübergehend zu löschen. Bis auf wenige Ausnahmen sind mittlerweile fast alle Lehrerstellen besetzt.
Allerdings musste bei der Stellenbesetzung häufiger auf unqualifiziertes Personal gesetzt werden, als dies dem Lehrerverband lieb ist. Dieser sieht wegen der vielen Notfalllösungen die Bildungsqualität in Gefahr.
Hunderte Lehrer verfügen über kein Diplom
Wie prekär die Lage an gewissen Schulen tatsächlich ist, zeigt sich zum Beispiel im Kanton Bern: Jede zehnte Lehrperson verfügt dort über eine Ausbildung, die nicht den Anforderungen der Funktion entspricht.
Ohne die «Diplomlosen» würde es gar nicht mehr gehen, sagte die Berner Bildungsdirektorin Christine Häsler kurz vor Schulstart. Die Schulen seien darauf angewiesen, dass auch Personen ohne entsprechende Ausbildung sie unterstützten.
Auch der Kanton Zürich senkte vor Beginn des neuen Schuljahrs die Anforderungskriterien für eine Lehreranstellung. Angesichts der vielen offenen Stellen war dies auch nötig. Ende Juni waren noch über 450 Stellen ausgeschrieben.
Mittlerweile seien es gemäss den Angaben der Bildungsdirektion nur noch deren sechs. «Von den 17'600 Anstellungen verfügen rund 330 Personen über kein Lehrdiplom», heisst es in einer Medienmitteilung.
Fast überall gibt es Kompromiss-Lösungen
Auch in Basel-Stadt, Luzern und im Aargau hatte man grosse Mühe, die offenen Stellen zu besetzen. Auf Anfrage können sie zwar keine konkreten Zahlen zum unqualifizierten Lehrerpersonal nennen, doch auch sie mussten auf Notlösungen setzen.
In Basel sei die Stellenbesetzung diesen Sommer eine grössere Herausforderung als in anderen Jahren gewesen. Im Aargau müsse man teilweise auf schulinterne Überbrückungslösungen zurückgreifen. Und in Luzern hätte bereits im letzten Schuljahr rund ein Viertel der Sek-Lehrer keine vollumfängliche Ausbildung gehabt.
Fast in der gesamten Deutschschweiz musste man diesen Sommer also auf gewisse Kompromisse eingehen. Wie sich das auf die Qualität des Unterrichts auswirkt, wird sich erst noch zeigen.