Sonnencreme – Krebs-Experten: Schatten ist wichtiger
Experten sind sich einig: Sonnencreme ist wichtig, um Hautkrebs vorzubeugen. Doch um sich vor UV-Strahlen zu schützen, seien andere Massnahmen wichtiger.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Krebsliga hält Schatten und Kleidung für den effektivsten Sonnenschutz.
- Sonnencreme hat laut der Krebsliga erst dritte Priorität beim Schutz vor UV-Strahlen.
- Jeden Tag Sonnencreme braucht es also nicht – aber jeden Tag UV-Schutz.
Die Schweizer gelten als fleissige Cremer. Laut einer aktuellen Umfrage verzichten nur rund zehn Prozent auf Sonnencreme. Weil sie sie den Schutzfilm als «grusig» empfinden oder weil ihnen das Auftragen zu umständlich ist.
In unseren Nachbarländern Deutschland und Frankreich gibt es mit einem Anteil von 20 Prozent sogar doppelt so viele Sonnencreme-Muffel.
Während den Deutschen das Eincremen zu umständlich ist, wollen die Franzosen schlicht das Geld sparen.
Sonnencreme kann Familienbudget belasten
Doch auch in der Schweiz belasten die Sonnencreme-Preise bei manch einem Haushalt das Kässeli. Auf X prangert eine Mutter kürzlich die Migros an.
Und rechnet vor: «Da bräuchte eine vierköpfige Familie für zum Beispiel fünf Wochen Schwimmbadferien circa 150 bis 200 Franken nur für die Sonnencreme.» Tiefere Preise wären die bessere Vorsorge, schreibt sie.
Das lässt der Orange Riese nicht auf sich sitzen, kontert frech: «Dieses Jahr werden es wohl eher fünf Wochen Hallenbadferien.»
Dann wird die Migros ernst und schreibt, man habe auch deutlich günstigere Produkte im Sortiment. Und: Es gebe immer wieder Aktionen.
Überraschung: Bei der Krebsliga stört man sich nicht an den Sonnencreme-Preisen.
Denn: Es gebe zwei viel effizientere Massnahmen, um sich vor UV-Strahlen zu schützen. Nämlich Schatten und Kleidung/Hut/Sonnenbrille.
Krebsliga-Sprecherin Stefanie de Borba sagt zu Nau.ch: «Wir würden daher dieser Mutter empfehlen, mit ihrer Familie am Schatten zu bleiben. Vor allem über die Mittagsstunden zwischen 11 und 15 Uhr, wenn die UV-Strahlung am stärksten ist.» Das sei der beste Sonnenschutz.
Krebsliga sagt: Sonnencreme hat erst dritte Prio
Neben normaler Kleidung, kombiniert mit Hut und Sonnenbrille, gebe es auch spezielle UV-Kleidung, die im Wasser getragen werden kann.
«Sonnencreme kommt bei den Schutzmassnahmen erst an dritter Stelle», so de Borba. «Und eignet sich vor allem für Situationen, in denen die anderen beiden Massnahmen nicht umgesetzt werden können.»
Das Fazit der Krebsliga: «Setzt man diese Tipps um, steht einem entspannten Sommer unter den Bäumen des Strandbads nichts im Wege. Ohne das Budget für Sonnencreme übermässig strapazieren zu müssen.»
Experte kritisiert Sonnencreme-Propaganda von Influencern
Diese Argumentation der Krebsliga unterstützt auch der Basler Pharmazeut Christian Surber. «Ich rate erst ab einem UV-Index von 3 zur Sonnencreme», sagt er zu Nau.ch.
«Das von Kosmetikfirmen und Influencern propagierte tägliche Auftragen von Sonnencreme unterstütze ich nicht.»
Sonnencreme soll auch vor UVA-Strahlen schützen
Wer den ganzen Tag lang über im Büro sitzt und zur Mittagspause nur kurz rausgehe, brauche «definitiv keine Sonnencreme». «Und in Innenräumen erst recht nicht.»
Ein Aspekt der Sonnencreme-Werbung stört Surber jedoch noch mehr. Nämlich der Fokus auf den Lichtschutzfaktor.
«Dieser orientiert sich nur an den UVB-Strahlen. Seit mindestens 20 Jahren weiss man aber, dass auch UVA-Strahlen Sonnenbrand und Hautkrebs verursachen können.»
Noch immer gebe es aber viele Produkte auf dem Markt, die nur vor UVB, nicht aber vor UVA schützen. «Solange ein Produkt vor beiden Strahlen schützt, kann man auch zu einer günstigeren Sonnencreme greifen», sagt Surber.
Auch Dermatologin Liv Kraemer bestätigt, dass sowohl teure als auch günstige Sonnencremes Schutz bieten. Eine teure Sonnencreme könne dennoch Vorteile bieten, sagt sie zu Nau.ch.
«Es geht ja auch darum, dass die Sonnenschutzfaktoren angenehm auf der Haut sind: dass sie nicht klebrig sind, gut einziehen und nicht stinken.»
Teure Sonnencremes stinken nicht
Zudem seien manche Sonnencremes besonders umweltfreundlich oder haben pflegende Inhaltsstoffe. «Dann steckt da viel Entwicklungsarbeit drin, die halt auch kostet.»
Grundsätzlich ist Kraemer völlig der Meinung der Krebsliga. «Nichts schützt mehr als richtige Kleidung.»
Und sie warnt: «Auch im Schatten bekommen wir durch die indirekte Strahlung und Reflexion viel zu viel UV ab.» Deshalb empfiehlt die Dermatologin UV-Schutzkleidung und Hüte mit grosser Krempe. Scheint die Sonne, sollte auch auf Cremen am Körper nicht verzichtet werden.
Täglicher UV-Schutz
Kraemer rät: «Auf das Gesicht gehören Sonnenschutz-Produkte täglich, da das Gesicht nicht von Kleidung umhüllt wird.» Schliesslich scheine die Sonne auch immer. Und: «Der UV-Schutz – Kleidung plus Sonnencreme im Gesicht – sollte 365 Tage angewandt werden.»
«Die Probleme kommen auch meist nicht in den 30 Tagen Ferien. Sondern sie ergeben sich kumulativ in den restlichen 335 Tagen Grau in der Schweiz.» Und: «Bei zusätzlicher Sonne ist öfters Nachcremen notwendig.»