SP startet Unterschriftensammlung gegen Kinderabzug für Reiche
Das Stimmvolk soll über die Erhöhung des Kinderabzugs bei den Steuern entscheiden können. Die SP hat am Montag das Referendum lanciert.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Stimmvolk soll über die Erhöhung des Kinderabzugs bei den Steuern entscheiden können.
- Das Parlament hatte die Erhöhung in der Herbstession beschlossen.
Das Stimmvolk soll über die Erhöhung des Kinderabzugs bei den Steuern entscheiden können. Die SP hat am Montag das Referendum lanciert. Vom höheren Abzug würden nur die Reichsten profitieren - auf Kosten aller anderen, argumentiert die Partei.
Das Parlament hatte die Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs in der vergangenen Herbstession beschlossen.
Eigentlich war nur eine Erhöhung des maximalen Abzugs für die externe Betreuung von Kindern vorgesehen gewesen - von 10'100 Franken auf 25'000 Franken. Gekostet hätte dies 10 Millionen Franken. Der Bundesrat wollte damit erreichen, dass mehr Frauen mit Kindern - vor allem gut qualifizierte - einer Erwerbsarbeit nachgehen.
Nur wenige Familien profitieren
Die SP zweifelte schon dieses Vorhaben an. Der höhere Abzug käme nur wenigen Familien zu Gute, argumentierte sie. Familien mit tiefen Einkommen zahlten keine oder wenig Bundessteuern und profitierten damit auch nicht von der höheren Obergrenze für den Steuerabzug. Immerhin gehe es aber um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Das Parlament beschloss dann aber aufgrund eines Antrags aus der CVP, auch den allgemeinen Kinderabzug zu erhöhen - von 6500 auf 10'000 Franken. Damit sollen jene Familien entlastet werden, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Das würde zu Steuerausfällen von 350 Millionen Franken führen. Der Ständerat wehrte sich zunächst, stimmte am Ende aber knapp zu.
Nun soll das Stimmvolk entscheiden können. Die SP spricht von einem «Reichenbonus». 45 Prozent der Familien zahlten keine direkte Bundessteuer, könnten also nicht davon profitieren, schreibt die Partei.
70 Prozent der 350 Millionen Franken gingen an die 12 Prozent Haushalte mit den höchsten Einkommen, einem steuerbaren Einkommen über 100'000 Franken. Rund zwei Drittel der Familien würden gerade einmal 10 Prozent des Bonus abbekommen.
Keine faire Besteuerung
Hier würden nicht «die Familien» entlastet, sondern Steuergeschenke an eine kleine Minderheit gewährt, schreibt die SP. Es handle sich um pure Klientel-Politik. Die Vorlage breche die Steuerprogression und verletze damit die Steuergerechtigkeit. Sie verhindere eine faire Besteuerung der höheren Einkommen.
Die SP stört sich auch am Vorgehen der bürgerlichen Mehrheit im Parlament. Obwohl es um 350 Millionen Franken gehe, habe es keine Vernehmlassung gegeben, gibt sie zu bedenken.
Eine Gesamtschau sei nicht möglich gewesen. Aus diesem Grund lehnen auch die Kantone das Vorhaben ab, zu deren Lasten rund ein Fünftel des Betrags ginge. Die kantonalen Finanzdirektoren kritisieren, die Steuerausfälle würden den Handlungsspielraum einschränken.
Es drohten Leistungskürzungen für den Mittelstand, warnt die SP. Fast 90 Prozent der Bevölkerung müssten mit tieferen Leistungen bei Bildung, Prämienverbilligungen und anderen staatlichen Leistungen für den höheren Steuerabzug bezahlen. «Das ist ein weiterer unverschämter Steuer-Bschiss am Mittelstand», kritisieren die Sozialdemokraten.
2013 wurde SVP-Initiative abgelehnt
Sie weisen ausserdem darauf hin, dass das Stimmvolk 2013 eine SVP-Initiative zu einem neuen Steuerabzug für die Eigenbetreuung von Kindern abgelehnt hatte. Nun wolle das Parlament eine wesentliche Forderung der Initiative durch die Hintertüre einführen. Die SVP hintertreibe mit Hilfe der CVP einen klaren Volksentscheid.
Ein Abzug für die Eigenbetreuung kommt aus Sicht der SP einer «Herdprämie» gleich. Wirksame Familienpolitik gehe ohnehin nicht über Steuern, schreibt sie. Die wirklichen Probleme der Familien seien steigende Krankenkassenprämien, unerschwingliche Wohnungen und fehlende Kita-Plätze. Hier brauche es Lösungen.
Mit der Unterschriftensammlung kann die SP beginnen, sobald der Parlamentsbeschluss im Bundesblatt publiziert wird. Danach hat sie 100 Tage Zeit, um die nötigen 50'000 Unterschriften zu sammeln und einzureichen.