Spital verliert Probe von Patient – sein Krebs breitet sich aus
Das behandelnde Spital verlor eine Probe von Daniel Stähli. Später stellte sich heraus: Der Krebs hat gestreut. Fehler kommen in Spitälern immer wieder vor.
Das Wichtigste in Kürze
- Daniel Stähli wurde nach seiner Blasenkrebs-Diagnose operiert.
- Das Spital verlor jedoch anschliessend eine wichtige Probe.
- Stähli wurde ohne den Befund weiter behandelt – der Krebs streute.
Nachdem Daniel Stähli wegen seiner Blasenkrebserkrankung operiert worden war, begann ein langes Hin und Her mit dem behandelnden Spital.
Denn nach der Operation wartete er vergeblich auf den Bericht zum Tumorgewebe, das analysiert werden sollte. «Der ist nie gekommen», sagt der Mann aus der Region Zürich zur SRF-«Rundschau». «Ich wurde dann entlassen, ohne dass der Bericht vorlag.»
Mehrere Male meldete er sich daraufhin beim Spital und dem behandelnden Arzt. Fragte nach, ob er schon was über den Bericht gehört hatte. Aber dann die Ernüchterung: «Irgendwann war klar: Der ist verloren gegangen.»
Dabei wäre der Befund von grösster Bedeutung gewesen. So hätte er zeigen können, wie tief eingewachsen Stählis Tumor war.
In einem Brief an den Patienten erklärte der Arzt, er sei «mindestens so verärgert wie Sie». Die histologischen Präparate seien auf dem Weg vom Operationssaal bis in pathologische Institut verloren gegangen.
Stähli wurde weiter behandelt – ohne den Befund. Nur wenige Monate später stellte sich dann heraus, dass der Krebs ins Lymphsystem gestreut hat.
Die Folge: Dem Patienten Stähli wurden nur geringe Überlebenschancen ausgerechnet.
«Das damals behandelnde Spital wollte mich nur noch palliativ behandeln», sagt Stähli. «Eigentlich ist klar gewesen, dass ich daran sterben werde.»
Patient: «Wurde offenbar nicht genügend Aufwand betrieben»
Doch er wurde schliesslich nochmals operiert und heute geht es ihm wieder gut. «Solche Fehler passieren, wie in anderen Firmen auch, das kann vorkommen», meint er.
Das Erschreckende sei für ihn aber gewesen, dass die Sache auf Druck von der Anwältin schnell ans Licht kam. «Und dass offenbar, als es um die Wurst ging, nicht genügend Aufwand betrieben wurde, um die Probe zu finden.»
Aus Patienten- und Datenschutzgründen wollte das betroffene Spital keine Stellung zu dem Fall nehmen.
Fehler können in Spitälern immer wieder passieren. Typische Beispiele sind vertauschte Proben oder falsche Medikamente. Solche kritischen Ereignisse kann das Gesundheits-Personal via Critical-Incident-Reporting (Cirs) anonym melden. Eine Meldung soll Analysen und Massnahmen zur Folge haben, damit ähnliche Ereignisse verhindert werden können.
Missstände beim Meldesystem
Cirs ist in Spitälern Pflicht. Aber gegenüber der «Rundschau» berichten einige Pflegende von Missständen. Denn nach Meldungen würden nur wenige wirksame Massnahmen ergriffen. In gewissen Spitälern würden die Meldungen nicht einmal ausgewertet.
«Man macht es einfach, weil man muss, das habe ich jetzt schon öfter gehört», sagt eine anonyme Pflegende. Die Folge: «Dann schreiben die Leute aber auch keine Meldungen mehr, weil es ja wirklich keine Konsequenzen gibt.»
Cirs abzuschaffen, kommt für Mitentwickler Sven Staender allerdings nicht infrage. Es gebe zwar Reformbedarf. Aber: «Wir dürfen jetzt nicht sagen, Cirs bringt nicht.»
Das wäre genauso wie wenn man ab jetzt ohne Besteck essen würde, nur weil man Mühe damit hat. «Das ist nicht die richtige Lösung», so Staender. Stattdessen müsse man «lernen, mit dem Besteck richtig umzugehen».