«Stich ins Wespennest»: Sekundarschule in Stäfa erntet Shitstorm
Das Wichtigste in Kürze
- Wegen der Durchführung eines «Gender-Tages» hagelt es Kritik für die Sekundarschule Stäfa.
- SVP-Nationalrat Andreas Glarner ist empört und verlangt die Entlassung der Schulleitung.
- Schul-Chefin Daniela Bahnmüller erklärt: Es gehe nicht darum, Buben zu Meitli zu machen.
Dieser Brief sorgt in sozialen Medien für reichlich Aufsehen: Eine Sekundarschule in Stäfa an der Zürcher Goldküste lädt ihre Schülerinnen und Schüler zum «Gender-Tag».
Postwendend häufen sich die negativen Reaktionen: Veranstaltungen wie der «Gender-Tag» zeugten von «ideologischer Verblendung» und stünden am Ursprung des «explosionsartigen Anstiegs» von Trans-Identität, wird behauptet.
Auf Twitter verlangt SVP-Nationalrat Andreas Glarner gar die sofortige Entlassung der Schulleitung. Aufreger sind dabei insbesondere der «Gender-Stern» im Text und das «Transgender-Logo» im Briefkopf.
Der «Shitstorm» zeigt das grosse Konfliktpotenzial, welches Gender-Themen mit sich bringen. So hält die SVP in ihrem neuen Parteiprogramm fest, dass sie den Kampf gegen «Woke-Wahnsinn» und «Gender-Ideologie» vorantreiben möchte. Auf der anderen Seite verlangen Linke eine «Abkehr vom binären Geschlechtermodell» – die Fronten sind verhärtet.
Schulpräsidentin spricht von «Stich ins Wespennest»
Der «Lehrplan 21» verankert «Geschlechter und Gleichstellung» als fachübergreifendes Thema und überfachliche Kompetenz, wie Schulpräsidentin Daniela Bahnmüller auf Anfrage erläutert: Aus diesem Grund müsse die Sekundarschule Stäfa das Thema ebenso behandeln, wie alle anderen Schulen im Kanton. Ohnehin sei es der Anspruch der Schule Stäfa, relevante gesellschaftliche Angelegenheiten «offen und fundiert» zu thematisieren, so die FDP-Gemeinderätin.
Tatsächlich führe die Schule Stäfa mit Schülerinnen und Schülern der zweiten Klasse der Sekundarschule schon seit zehn Jahren einen «Gender-Tag» durch. «Wir bedauern sehr, dass dieses bewährte Format nun in den sozialen Medien aus dem Zusammenhang gegriffen und falsch dargestellt wurde.»
Augenscheinlich sei «Gender» ein Reizwort – dass dieser Brief einen derartigen Sturm der Entrüstung auslöse, hätte sie nicht erwartet: «Es war wie ein Stich ins Wespennest», erklärt Bahnmüller.
Fachwissen vermitteln sowie Normen und Werte reflektieren
Die hitzigen Reaktionen zeigten, wie emotional die Diskussion teilweise geführt werde – «Gender» geistere derzeit überall herum: Folglich sei es umso wichtiger, diese wichtigen Themen «sachlich und transparent» zu behandeln und mit den Jugendlichen zu besprechen. Am «Gender-Tag» reflektiere die Schülerschaft über verschiedene Rollenbilder, die Vielfalt von Lebensentwürfen und die Themen Liebe, Beziehungen und Sexualität.
Durchgeführt werde der «Gender-Tag» von der Schulsozialarbeiterin und der offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) von Stäfa. Nach einer gemeinsamen Einführung würden die Jugendlichen in geschlechtergetrennten Gruppen die Möglichkeit erhalten, allfällige Fragen zu diesen Themen zu stellen.
Reklamationen von betroffenen Eltern habe es keine gegeben, so die Schulpräsidentin.
Finden Sie es gut, dass die Sekundarschule über Themen wie Rollenbilder, Lebensentwürfe, Liebe, Beziehungen und Sexualität informiert?
Bahnmüller kann die Aufregung nicht nachvollziehen: «Der Tag soll Fachwissen vermitteln und die Jugendlichen ermutigen, eigene Normen und Werte zu reflektieren.» Es gehe nicht darum, «aus Buben Mädchen zu machen oder umgekehrt», erklärt die Schulpräsidentin.