Strafuntersuchung gegen Bündner Gerichtspräsidenten eröffnet
Das Wichtigste in Kürze
- Gegen Norbert Brunnerist eine Strafuntersuchung eingeleitet worden.
- Der Präsident des Kantonsgerichts muss sich wegen Falschbeurkundung verantworten.
Gegen den Präsidenten des Kantonsgerichts Graubünden, Norbert Brunner, ist eine Strafuntersuchung eröffnet worden. Die Ermittlungen führt der Zürcher Staatsanwalt Andrej Gnehm.
Die Bündner Regierung setzte Andrej Gnehm als ausserordentlichen Staatsanwalt ein. Er soll die gegen Gerichtspräsident Norbert Brunner eingegangen Strafanzeigen wegen Falschbeurkundung bearbeiten.
Gnehm liess am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA mitteilten, es sei eine Strafuntersuchung eröffnet worden. Das bedeutet gemeinhin, dass ein hinreichender Tatverdacht besteht.
Justizkrise am Kantonsgericht
Das Strafverfahren steht im Zusammenhang mit der Justizkrise am Kantonsgericht Graubünden in Chur. Ein Richter, Peter Schnyder, wirft dem Gerichtspräsidenten vor, bei einem Erbstreit ein Fehlurteil gefällt zu haben. Dadurch habe eine am Streitfall gar nicht beteiligte Person eine sechsstellige Summe zugesprochen erhalten.
Staatsanwalt Andrej Gnehm ist in der Öffentlichkeit kein Unbekannter. Er behandelte schon mehrere prominente Fälle. Dazu zählen das Strafverfahren gegen Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli sowie die Strafverfahren in der «Affäre Mörgli».
Das Strafverfahren gegen den Bündner Kantonsgerichtspräsidenten kann geführt werden, weil die Immunität Brunners schon aufgehoben wurde. Die Kommission für Justiz und Sicherheit des Kantonsparlaments, des Grossen Rates, machte den Weg für Ermittlungen Anfang Mai frei. Die Kommission ist das Aufsichtsorgan über das Gericht. Die Bündner Regierung setzte danach den Zürcher Staatsanwalt Andrej Gnehm als Sonderermittler ein.
Brunner bestreitet den Vorwurf
Kantonsgerichtspräsident Brunner bestreitet den Vorwurf, ein Fehlurteil gefällt zu haben. Er reagierte mit einem Antrag auf Amtsenthebung von Richter Schnyder. Die Kommission für Justiz und Sicherheit empfiehlt dem Grossen Rat Richter Schnyder zwar nicht des Amtes zu entheben, ihn aber nicht mehr wieder zu wählen.
Zur Hauptsache wird der Antrag damit begründet, Schnyders ausgeprägter Individualismus und dessen Beharren auf der eigenen Meinung seien unverträglich für die Arbeit in einer Kollegialbehörde. Ausserdem seien bei ihm bedeutende Amtspflichtverletzungen festgestellt worden.
Auch Gerichtspräsident Brunner kommt in der Beurteilung der Parlamentskommission nicht gut weg. Die Kommission stellte bei ihm eine «sehr ernsthafte Amtspflichtverletzung fest», wie sie im Juni bekanntgab. Sie schrieb, diese Amtspflichtverletzung stehe im Zusammenhang mit einer unsachgemässen Behandlung eines Berufungsurteils im Erbrechtsfall.
Gewählt werden sechs Kantonsrichterinnen und -richter vom 120-köpfigen Grossen Rat für eine neue Amtsperiode nächste Woche im Rahmen der Augustsession. Nicht mehr zur Wahl steht Gerichtspräsident Norbert Brunner. Er geht Ende Jahr in Pension.