SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr über verpassten Chefposten
Werden Frauen übergangen, folgt meist einen Aufschrei. Nicht so bei Diana Gutjahrs (SVP) Nicht-Nomination für den Posten der Gewerbeverbandspräsidentin. Warum?
Das Wichtigste in Kürze
- Diana Gutjahr verpasst wohl ihre Chancen auf einen Chefposten beim Gewerbeverband.
- An ihrer statt wurde ein älterer Mann für die Spitzenposition nominiert.
- Die grosse Empörung über das erneute Übergehen einer Frau allerdings blieb aus.
Freud und Leid liegt manchmal nah beieinander. Das hat dieser Tage auch die Thurgauer Nationalrätin Diana Gutjahr (SVP) zu spüren bekommen. Einerseits konnte sie mit ihrem Komitee erfolgreich das Referendum gegen zwei Wochen Vaterschaftsurlaub einreichen. Andererseits verpasst sie die Nomination zur Präsidentin des Gewerbeverbands.
Der grösste Wirtschaftsverband der Schweiz empfahl lieber den Anwalt Fabio Regazzi als Präsidenten. Ähnliche Szenarien sind alltäglich: Frau will, Mann tut.
Wo bleibt die Empörung?
Barbara Gysi, SP-Nationalrätin und zweitplatzierte im Rennen um den Präsidentenposten des Schweizerischen Gewerkschafsbundes (SGB) kann davon ein Liedchen singen. Als mit Pierre-Yves Maillard ein Mann die Frau auf dem Cheftreppchen überholte, ging ein Aufschrei durch die Medien. Schon wieder!
Der Gewerbeverband hatte noch nie eine Frau an der Spitze. Gutjahr, jung und weiblich, hätte dem Zeitgeist entsprochen. Doch als sie die Nomination verpasst, bleibt die Empörung aus.
Schützenhilfe der SVP
Auf Twitter schreibt Nationalrat und Verleger Roger Köppel: «Diana Gutjahr beim Gewerbeverband ausgebremst. Ein Mann müsse ran. Wo ist der Aufschrei der Medien und der Feministen? Ach so, Diana Gutjahr ist bei der SVP. So parteiisch und unehrlich sind unsere Journalisten.»
Ist es denn nicht die SVP, welche das Sagen im Gewerbeverband hat? Nun wird wieder völlig Unbeteiligten die Schuld an der Nichtwahl gegeben. Alles schon gehabt. Verantwortung sieht anders aus!
— Heinrich Jegen 🇨🇭🇩🇰 (@HeinrichJegen) January 24, 2020
Auf Anfrage zuckt Gutjahr mit den Schultern. Es sei ihr schon auch durch den Kopf gegangen, dass die Berichterstattung wohl eine andere gewesen wäre, wäre sie nicht in der SVP. «Kommt eine linke Frau nicht zum Zug, gibt es einen Aufschrei. Bei einer rechten Frau nicht. Aber ich wollte den Aufschrei ja auch nicht.»
«Mein Alter hat etwas ausgemacht»
Gutjahr geht nämlich nicht davon aus, dass sie den Chefposten verpasst hat, weil sie eine Frau ist. «Im Zentrum des Auswahlprozesses stand nie das Geschlecht. Es soll die Person übernehmen, die das am besten kann.»
Gutjahr vermutet, dass eher das Alter ihr in die Quere gekommen ist. «Das hat bestimmt etwas ausgemacht. Es muss ja die Person mit den meisten Kompetenzen sein. Wer mehr Erfahrung hat, hat je nach Bereich auch eine höhere Kompetenz.»
Der Entscheid fiel aber knapp aus. «Ich habe mit 26 zu 31 Stimmen verloren. Bei 96 Prozent Männeranteil in der Gewerbekammer haben also auch sehr viele Männer für mich gestimmt. Am Geschlecht lag es wirklich nicht.» Dennoch: Als Gutjahr den Tweet von Ratskollege Köppel las, habe sie schmunzeln müssen.