Täter verteidigt Gleis-Schubsen als Macho-Getue
Im Streit stiess ein Mann einen anderen auf die Gleise, er begründet es mit Macho-Getue. Nun wurde er wegen versuchter Gefährdung des Lebens verurteilt.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Mann wurde nach einem Gleis-Schubser in Olten verurteilt.
- Den Tötungsvorsatz konnte die Verteidigung wegargumentieren.
- Der Täter selbst begründet die Aktion mit Macho-Getue.
Es war ein Streit, der auch ganz anders hätte enden können: Ende Januar 2022 gerieten zwei Männer im Bahnhof Olten wegen lauter Musik aneinander. Einer stiess den anderen auf die Gleise, wo kurz später ein Zug einfuhr. Das Opfer blieb unverletzt, der Täter wurde nun verurteilt, wie die «Solothurner Zeitung» berichtet.
Der Täter wartete damals auf dem Perron von Gleis 1. Der damals 20-Jährige forderte das Opfer, das auf dem Perron von Gleis 2 wartete, auf, die Musik leiser zu machen. Als seiner Bitte nicht nachgekommen wurde, wechselte der Mann die Seite, es kam zu einem verbalen Streit. Daraufhin stellte der Mann von Gleis 2 die Musik ab.
Als der spätere Täter dann wieder zur Treppe ging, stellte das Opfer die Musik wieder an. Das provozierte den 20-Jährigen. Er griff das Opfer an der Jacke und stiess es auf das Gleis.
Vor Gericht bezeichnete der Angeklagte die Aktion als Macho-Getue. Er habe dem andern Mann zeigen wollen, wer der Stärkere sei.
Glücklicherweise landete das Opfer auf den Füssen und kam auf Gleis 1 zum Stillstand. Dies nutzte die Verteidigung: Der Täter habe den Mann nicht vor den Zug gestossen, sondern Richtung Gleis 1. Dort sei das Opfer in Sicherheit gewesen.
Staatsanwalt: Täter wusste vom einfahrenden Zug
Zudem argumentiert die Verteidigung, ihr Mandat habe nicht gewusst, dass 13 Sekunden nach dem Stoss ein Schnellzug einfahre. Der Tötungsvorsatz wurde deswegen dementiert.
Vor Gericht wurde bloss der Handlungsvorsatz beurteilt. Der Tathergang selbst war wegen Überwachungskameras und Zeugen bekannt.
Die Staatsanwaltschaft warf dem damals 20-Jährigen versuchte vorsätzliche Tötung vor. Ihm sei wegen Lautsprecherdurchsagen bewusst gewesen, dass in Kürze ein Zug mit hoher Geschwindigkeit einfahren werde. Er habe den anderen Mann töten oder schwer verletzen wollen oder dies zumindest billigend in Kauf genommen.
Das Amtsgericht Olten-Gösgen sah es wie die Verteidigung. Da das Opfer auf Gleis 1 zum Stillstand kam, habe nie Lebensgefahr bestanden. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn es auf Gleis 2 hingefallen wäre.
Zudem habe der Lokomotivführer den Streit von Weitem gesehen und die Geschwindigkeit entsprechend reduziert. Laut dem Gericht hätte er den Zug komplett stoppen könne, wenn das Opfer auf dem Gleis liegengeblieben wäre.
Deswegen sah das Gericht nur eine versuchte Gefährdung des Lebens. Es verurteilte den Täter zu einer Freiheitsstrafe von 27 Monaten, 18 davon bedingt. Zudem erhielt der Bulgare einen Landesverweis für sieben Jahre.