Terror: Extremisten suchen Teenies online gezielt heraus
Extremistische Organisationen verbreiten auf Tiktok fleissig Propaganda, um Junge für Terror zu radikalisieren – und picken sie sogar gezielt heraus.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Ausbruch des Gaza-Kriegs gab es mehrere Terror-Anschläge und Drohungen.
- Terroristen radikalisieren sich oft über die sozialen Medien.
- Dort werden Jugendliche von extremistischen Organisationen gezielt herausgesucht.
Nach dem Ausbruch des Israel-Kriegs ist es in Europa mehrfach zu Terror und Bombendrohungen gekommen. Doch nicht nur islamistischer Terror, auch Rechtsextreme sorgten zuletzt für Schlagzeilen – ebenfalls im Zusammenhang mit dem Israel-Krieg. So jagte ein antisemitischer Mob an einem russischen Flughafen vor wenigen Tagen jüdische Menschen.
Brisant: Attentäter und Attentäterinnen in Europa radikalisieren sich oft über bei Teenagern beliebten Social-Media-Apps wie Tiktok. Dort lauern islamistische und rechtsextreme Gruppierungen jungen Menschen auf – und picken sie sogar gezielt heraus.
Extremisten holen Teenies mit Videos von Terror ab
Extremismus-Expertin Mirjam Eser Davolio von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW erklärt: «Extremisten versuchen bewusst, Jugendliche abzuholen, indem sie die Bildsprache verwenden, die Teenager sich gewohnt sind. Gewaltvideos zum Beispiel, die mit Go-Pro-Kameras aufgenommen wurden, ziehen Junge magisch an.»
Erwachsene würde das weniger packen – «sie wissen, dass ihnen das nicht guttut und schauen solche Videos nicht an.»
Mit dem Israel-Krieg sind Gewalt-Bilder aktuell besonders weit verbreitet. «Sie wecken sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen starke Emotionen. Und Wut und Trauer können schnell zu Hass werden», warnt Eser.
Hier seien Junge besonders gefährdet: «In der Jugend entwickelt man am ehesten radikale Ideen, weil man sich von der Meinung der Erwachsenen abgrenzen will.»
Fangen Teenager dann an, Propaganda-Videos zu kommentieren, ist das für extremistische Gruppen gefundenes Fressen: «Sie suchen sich online bewusst Jugendliche heraus, die sie für beeinflussbar halten. Oft kommt es in Kommentarspalten und Foren zum ersten Kontakt mit Extremisten», so Eser.
«Alle Jugendlichen können sich radikalisieren»
Die Forscherin rät Eltern, genau hinzuschauen, besonders, wenn sich Jugendliche in einer Krisensituation befinden. Die Warnzeichen: «Soziale Isolation – wenn Jugendliche ihrem alten Umfeld den Rücken kehren und sich nur noch mit Gleichgesinnten austauschen. Oder wenn sie sich grundsätzlich plötzlich anders verhalten, beispielsweise Hobbys nicht mehr pflegen.»
Die Haltung der Eltern ist übrigens nicht ausschlaggebend: «Gerade islamistische Jugendliche kommen oft aus nicht-religiösen Familien. Vielleicht war es ausgerechnet deshalb einfach, sie von islamistischen Ideen zu überzeugen: Weil sie nichts oder wenig über Religion wussten», sagt Eser Davolio.
«Grundsätzlich können sich alle Jugendlichen radikalisieren.» Darum sei es wichtig, mit Teenagern über Religion und Politik zu sprechen. «Gerade, wenn Eltern vermuten, ihr Kind drifte in eine radikale Ecke ab.»