Ob gegen Masern, Keuchhusten oder Grippe – Impfen rettet Leben. Dennoch lassen sich einige Menschen nur ungern piksen.
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Eine Person mit einer Spritze gegen das Coronavirus. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Impfvertrauen in der Schweiz liegt im globalen Vergleich nicht besonders hoch.
  • Dies stellt eine Studie mit 284'000 befragten Menschen fest.
  • Für die Studie werteten die Forschenden Daten aus 149 Ländern aus.
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Eine im Fachmagazin «The Lancet» publizierte Studie gibt nun ein Bild zum weltweiten Impfstoffvertrauen ab. In der Schweiz liegt das Vertrauen im globalen Vergleich nicht besonders hoch. Für die Studie werteten die Forschenden Daten aus 149 Ländern aus.

Sie beruht auf 290 Befragungen von über 284'000 Menschen, die zwischen September 2015 und Dezember 2019 gemacht worden waren. Darin ging es um die Beurteilung von Sicherheit, Wirksamkeit und Wichtigkeit von Impfstoffen. Das Ergebnis: In Europa blieb das Vertrauen in Impfstoffe im Vergleich zu anderen Regionen gering.

Doch in mehreren europäischen Ländern wie Finnland, Frankreich und Italien wuchs das Vertrauen. Die Skepsis, dass Impfstoffe sicher seien, wachse besonders in Ländern, die von politischer Instabilität und religiösem Extremismus betroffen seien. Als wichtigen Grund für schwindendes Vertrauen nennen die Autoren gezielte Desinformationskampagnen in der Öffentlichkeit.

Impfungen werden als weniger wichtig betrachtet

Im internationalen Vergleich reihte sich die Schweiz puncto Impfstoffvertrauen auf den hintersten Rängen ein. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sicherheit von Impfstoffen stieg zwar von 2015 bis 2019 (von 30 auf 33 Prozent). Die Prozentzahl derer, die Impfungen als wichtig empfinden, sank hingegen von 65 auf 53 Prozent. Ebenfalls den Glauben an die Wirksamkeit von Impfstoffen verloren einige Menschen: Dieser Wert verringerte sich im untersuchten Zeitraum von 50 auf 45 Prozent.

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Die USA möchte Anfang November einen Impfstoff gegen das Coronavirus lancieren. - Keystone

«Diese Befunde gehen Hand in Hand mit der sinkenden Anzahl von verabreichten Grippeimpfungen», sagte Sonja Merten vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut im Gespräch mit Keystone-SDA. Sie erforscht gemeinsam mit Kollegen in einem Nationalen Forschungsprogramm unter Leitung von Philip Tarr vom Kantonsspital Baselland, warum Menschen zögern, sich impfen zu lassen. Die Anzahl von Kinderimpfungen seien jedoch generell nicht zurückgegangen.

Doch auch bei Kinderimpfungen sieht Merten ein Problem. Durch die heutigen Kombinationsimpfungen können Eltern weniger gut selber entscheiden, gegen welche Krankheiten und wann sie ihre Kinder piksen lassen wollen. Das könne negative Gefühle gegenüber Impfungen auflodern lassen.

Ärztinnen und Ärzte müssen klar Stellung gegenüber Impfungen beziehen

Hinzu kommt: «Impfungen sind Opfer ihres eigenen Erfolgs», sagte sie. Viele Krankheiten seien durch das Impfen in der Schweiz verschwunden. Das könne zu einer grösseren Angst vor Nebenwirkungen als vor der Krankheit selbst führen.

Eine frühere Studie von Merten und ihren Kollegen wies darauf hin, dass Ärztinnen und Ärzte nicht klar Stellung gegenüber Impfungen beziehen. Das verunsichere Patienten und könne das Vertrauen in Impfungen schwächen. «Es ist wichtig, auf die Gefühle der Patienten einzugehen - aber trotzdem klar Stellung zu beziehen», erklärte Merten.

Denn: «Die Gruppe vehementer Impfgegner ist in der Schweiz extrem klein», sagte der Soziologe Michael Deml, ebenfalls vom Swiss TPH und Wissenschaftler im Nationalen Forschungsprogramm. Viele Menschen seien in Bezug auf Impfungen bloss unentschieden oder zögerlich.

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