Tierheime voll mit schlecht erzogenen Corona-Hunden
Die Schweizer Tierheime platzen wegen Corona-Hunden aus den Nähten – besonders seit den Sommerferien. Die Tiere sind oft gar nicht sozialisiert und aggressiv.
Das Wichtigste in Kürze
- Während der Corona-Pandemie haben sich sehr viele Schweizer einen Hund angeschafft.
- Vor und während der Sommerferien landeten nun wieder viele von ihnen in Tierheimen.
- Die Hunde sind oft gar nicht sozialisiert oder trainiert – und teilweise gar aggressiv.
Schon beim Homeoffice-Ende im Frühling wurden Tierheime überrannt: Die Leute merkten, dass sie gar keine Zeit für die während der Pandemie angeschafften Hunde haben. Nach der Sommerferienzeit ist die Situation nun noch schlimmer geworden.
«Bei uns ist alles voll, wir können keine Hunde mehr aufnehmen», sagt Tamara Jung vom Tierschutzverein Biel-Seeland BE zu Nau.ch.
Genau vor den Ferien habe es auffallend viel mehr Anfragen gegeben – bis zu fünf Anrufe täglich. «Es waren halt die ersten Ferien seit Corona, in denen man wieder richtig verreisen konnte», meint Jung.
«Nicht durchdachte Anschaffungen»
«Wir erhalten momentan noch zwei Anrufe pro Tag von Leuten, die Hunde abgeben wollen», berichtet auch Astrid Becker auf Anfrage. Die Präsidentin des Aargauer Tierschutzvereins erklärt: «Die Hunde haben meist Jahrgang 2019 oder 2020. Das waren eindeutig nicht durchdachte Anschaffungen während der Pandemie.»
Denn: «Viele sehen nur ein herziges Tierchen und unterschätzen den Aufwand.» Nicht nur Hunde werden vermehrt abgegeben – auch bei den Katzen gab es einen grossen Anstieg. Zudem wurden im Sommer laut Becker vermehrt Kaninchen oder Schildkröten ausgesetzt.
Pandemie-Haustiere «nicht sozialisiert»
Neben der grossen Anzahl an Neuzugängen hat das Tierheim aber bei Hunden noch mit einem anderen Problem zu kämpfen: «Die armen Tiere sind oft überhaupt nicht sozialisiert», so Becker.
Denn zum einen seien wegen der Corona-Pandemie alle Hundeschulen geschlossen gewesen. Zum anderen hätten sich die Leute in ihren Augen auch einfach nicht genug mit dem Tier beschäftigt. Heisst: Für die Heime wächst der Aufwand, weil die Tiere Grundlegendes nicht können.
Auch in Biel werden viele schwierige Hunde vorbeigebracht. Hier vermutet man aber einen anderen Grund: «Das Problem sind ganz klar die Auslandsorganisationen, die Hunde irgendwo von der Strasse holen und in die Schweiz bringen.» Die Leute würden dann oft unterschätzen, was diese Tiere erlebt haben.
«Die Hunde mussten jagen oder ihr Revier verteidigen – und dann beissen sie halt mal eine Katze», erklärt Jung. Das Problem: Diese Organisationen nehmen die Tiere nicht zurück, wenn der Halter überfordert ist – anders als professionelle Züchter.
Auch die Zürcher Tierheime sind voll ausgelastet. Gegenüber dem «Tagesanzeiger» berichtet Tierpflegerin Athina Löhrer vom Tierheim Strubeli in Volketswil ZH Ähnliches wie Becker: «Die Hunde sind nicht gut sozialisiert worden – weder mit Menschen noch mit Artgenossen.» Damit seien die Halter nun überfordert und bringen die Hunde ins Tierheim.