Uno-Ausschuss beunruhigt über Misshandlungen in Genfer Heim
Ein Uno-Ausschuss zeigt sich beunruhigt über die Rechtslage von Menschen mit Behinderungen in der Schweiz. Den Anstoss hatten Missstände im Heim Mancy gegeben.
Das Wichtigste in Kürze
- In einem Genfer Heim wurden Menschen mit Behinderung misshandelt.
- Ein Uno-Ausschuss zeigt sich besorgt über die Situation in der Schweiz.
Die Missstände im Heim Mancy im Kanton Genf beunruhigen den Uno-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die Schweiz wurde aufgefordert, zu erklären, welche Massnahmen gegen die Verantwortlichen ergriffen werden.
Vor acht Jahren habe die Schweiz die Uno-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) ratifiziert. Für Kinder in diesem Land werde sie noch immer nicht umgesetzt. Dies sagte einer der 18 unabhängigen Experten am Montag in Genf.
Fast 3000 dieser Kinder befänden sich in Einrichtungen, in denen ihre körperliche Integrität bedroht sei.
Fälle in Sonderschulheim beunruhigen
Der Vertreter des Uno-Ausschusses zeigte sich insbesondere beunruhigt über die jüngst bekannt gewordenen Fälle im Sonderschulheim Mancy bei Genf. Hier werden laut einem Expertenbericht autistische Kinder und Jugendliche seit der Eröffnung der Institution im Sommer 2018 misshandelt.
Die Verantwortlichen müssten bestraft werden. Ausserdem müsse sofort ein Plan aufgestellt werden, um weitere Verstösse zu verhindern, forderte der Experte. Der Ausschuss forderten die Schweiz zudem auf, bei der Betreuung von Kindern mit Beeinträchtigungen einen menschenrechtlichen Ansatz zu verfolgen.
«Die Schweiz erkennt an, dass die Situation von Menschen mit Behinderungen in einer Reihe von Bereichen verbessert werden kann». Dies sagte der Leiter der Schweizer Delegation und Generalsekretär des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), Lukas Gresch-Brunner. Gleichzeitig beklagte er den Mangel an Daten und Analysen.
Triage-Richtlinien müssen überarbeitet werden
Die Teilhabe an der Gesellschaft müsse «systematisch» werden, räumte Gresch-Brunner ein. Dieser Aspekt werde regelmässig vom Dachverband Inclusion Handicap angeprangert.
Der EDI-Generalsekretär erklärte weiter, dass insbesondere die politischen Rechte für alle garantiert werden müssten. Er vertrat jedoch die Ansicht, dass Menschen mit Behinderungen während der Coronavirus-Pandemie «so weit wie möglich» berücksichtigt worden sind.
Die Vorsitzende des Ausschusses hatte die Frage aufgeworfen, ob Menschen mit Behinderungen Zugang zu derselben Behandlung hätten wie andere Coronavirus-Patienten. Sie erinnerte daran, dass die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) die Triage-Richtlinien überarbeiten musste, nachdem Verbände Diskriminierungsvorwürfe erhoben hatten.
Schweiz soll Fakultativprotokoll zur CRPD ratifizieren
Ein anderes Mitglied prangerte den mangelnden Zugang von Menschen mit Behinderungen zu öffentlichen und privaten Infrastrukturen sowie zu Wohnraum an. Die unabhängigen Mitglieder des Ausschusses, die nicht im Namen der Uno sprachen, stellten weitere Fragen. Diese kreisten um Zugang zu Bildung, Justiz oder Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen.
Inclusion Handicap fordert die Schweiz auf, das Fakultativprotokoll zur CRPD zu ratifizieren. Mit diesem können Menschen mit Behinderungen ihre Rechte vor dem Uno-Ausschuss geltend machen. Ein weiteres Problem sind nach Auffassung der Nichtregierungsorganisationen die unzureichenden Ressourcen.
Auch in den Spitälern müssten Personen ernannt werden, die sich mit der Behindertenfrage befassten. Die «nächsten Schritte» seien vom Bundesrat bereits beschlossen worden, versicherte ein Mitglied der Schweizer Delegation.