Valentinstag: Sind Dating-Apps out? «Echte Dates» boomen
Obwohl sie Dating-Apps nutzen, würden viele Singles ihren künftigen Partner lieber in der realen Welt kennenlernen. Offline-Dating-Events boomen.

Das Wichtigste in Kürze
- Die digitale Partnersuche wird bei Singles unbeliebter.
- Einige Offline-Dating-Events verzeichnen eine grosse Zunahme an Teilnehmenden.
- Ein Paartherapeut erklärt, warum vielen ein romantisches Kennenlernen wichtig ist.
Viele stürzen sich auf der Suche nach der grossen Liebe in die virtuelle Welt. Die Auswahl an Dating-Apps ist gross.
Aber obwohl sie auf Tinder und Co. swipen, wünschen sich offenbar viele Singles eine romantischere Kennenlerngeschichte mit ihrem zukünftigen Partner.
Mehr als drei Viertel aller Nutzerinnen und Nutzer von Online-Dating-Plattformen wollen lieber im realen Leben jemanden kennenlernen. Das zeigt eine deutsche Umfrage.
Auch in der Schweiz haben offenbar viele Singles den Wunsch, den künftigen Partner oder die Partnerin offline kennenzulernen. Dating-Events erfreuen sich grosser Beliebtheit.
Steigende Nachfrage, mehr Konkurrenz
Ein Beispiel: «Barhopping für Singles». Die Sololo GmbH organisiert regelmässig in verschiedenen Schweizer Städten Abende, bei denen sich Alleinstehende in Bars kennenlernen können.
Geschäftsführer Frederic Merz sagt zu Nau.ch: «Wir spüren eine steigende Nachfrage, aber gleichzeitig nimmt auch die Konkurrenz zu.»
Allein zwei ehemalige Teilnehmer hätten sich 2024 selbstständig gemacht, nachdem sie «von unserem Konzept des persönlichen Kennenlernens so begeistert waren».
Auch grössere Dating-Plattformen setzen inzwischen mehr auf Live-Events anstelle von Video-Dating oder ähnlichen Formaten, berichtet Merz. «Eine Entwicklung, die es in dieser Form 2022 noch nicht gab.»
«Immer mehr Menschen bevorzugen es, sich live zu begegnen», so der «Barhopping»-Veranstalter. Einerseits freue ihn das, andererseits bringe dies auch neue Herausforderungen mit sich.
Allerdings: «Trotz der wachsenden Konkurrenz konnten wir im letzten Jahr einen Teilnehmerzuwachs von rund 40 Prozent verzeichnen», freut sich Merz.
Erwartungen weichen online «oft von Realität ab»
Und fügt hinzu: «Ich hoffe sehr, dass dieser Trend anhält und Menschen sich wieder persönlich kennenlernen. Anstatt sich im Internet nach oberflächlichen Kriterien auszuwählen.»
Er beobachte auch, dass Menschen generell das Bedürfnis haben, «mehr nach draussen zu gehen und echte Erfahrungen zu machen».
Das Treffen im echten Leben biete einige Vorteile: «Durch KI und Filter kann man sich online immer besser anders präsentieren, als man tatsächlich ist. Trifft man sich dann persönlich, weichen die Erwartungen oft von der Realität ab.»
Offline funktioniere das Kennenlernen meist schneller und stressfreier. «Bei uns begegnet man an einem Abend mindestens 20 neuen Personen», sagt Merz. «Um das auf einer Dating-Plattform zu erreichen, müsste man unzählige Nachrichten schreiben oder chatten.»
Veranstalter spricht von «Überangebot»
Und auch Nick Ganz von der Speedflirting GmbH sagt: «Ob die Chemie stimmt, merkt man online nicht, bei einer realen Begegnung aber schon.»
In den Dating-Apps verliere man viel Zeit und die Fotos seien sehr relevant. «Auch die Texte sind oft irreführend», sagt er.
Ganz berichtet von einer stabilen Nachfrage nach seinen Speeddating-Events.

«Einzig in der Phase 2022 bis Mitte 2023 nach Corona war sie höher als sonst», so Ganz. «Seit etwa September 2023 ist es wie früher, es ist ein gesättigter Markt mit einem Überangebot.»
Die Corona-Pandemie habe somit einen Einfluss gehabt – sonst sei die Nachfrage stabil. «Das bedeutet aber auch, dass es Angebote gibt, die nicht mehr gut laufen und andere Veranstalter sind plötzlich sehr erfolgreich.»
Sich in der realen Welt kennenzulernen gilt als romantischer als ein Match in einer Dating-App. Aber warum ist vielen eine herzige Kennenlerngeschichte überhaupt so wichtig?
Romantik ist «das mächtigste Schmiermittel»
Paartherapeut Klaus Heer erklärt: «Die meisten Menschen fahnden nach ihrem Traum-Partner. Dabei ist die Romantik das mächtigste Schmiermittel.»
Kaum jemand rechne damit, «dass nach dem Traum das Aufwachen folgt». Im Durchschnitt passiere das laut internationalen Studien nach 90 Tagen.
Heer hält fest: «Ohne die lauschigen Start-Vorstellungen wäre unsere Spezies längst ausgestorben.»

Die Kennenlerngeschichte mag für viele wichtig sein – für die Beziehung macht diese jedoch keinen Unterschied, so der Paartherapeut.
«Grundsätzlich hat jedes Paar die gleichen Chancen, unabhängig davon, wie es zusammen gestartet ist», erklärt Heer. «Über den Lauf der Liebesgeschichte entscheidet der Alltag der beiden, nicht der blendende Urknall der ‹Liebe›.»