Verdeckte Recherche bei «Verschwörungstheoretikern» zulässig
Der Schweizerische Presserat hat entschieden, dass eine verdeckte Recherche des Westschweizer Portals «heidi.news» bei «Verschwörern» zulässig war.

Das Wichtigste in Kürze
- Verdeckte Recherche bei Corona-Verschwörern verstösst nicht gegen die Ethik.
- Das hat der schweizerische Presserat zum Westschweizer Portal «heidi.news» entschieden.
- Grund für die Ablehnung der Beschwerde: Das Thema ist von grossen öffentlichem Interesse.
Eine verdeckte Recherche des Westschweizer Nachrichtenportals heidi.news über eine Bewegung von «Verschwörungstheoretikern» verstösst nicht gegen die journalistische Ethik. Zu diesem Schluss kommt der Schweizer Presserat in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme.
Die Undercover-Recherche sei zulässig, weil das Thema von überwiegendem öffentlichem Interesse sei. Zudem hätten bestimmte Informationen nicht auf andere Weise beschafft werden können. Die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» erachte die verdeckte Informationsbeschaffung unter diesen Umständen als legitimes Mittel.

Von überwiegendem öffentlichem Interesse sei die Berichterstattung aus dem Inneren einer Bewegung von sogenannten Verschwörungstheoretikern besonders im Zusammenhang mit der Pandemie und der Existenz ähnlicher Gruppierungen im Ausland, begründete der Presserat seinen Entscheid. Zudem hätte ohne die Undercover-Arbeit von heidi.news ein Teil der durch die Reportage gelieferten Informationen der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden können.
Beschwerden über Repo von Herbst 2020
Beim Presserat waren zwei Beschwerden eingegangen über die im Herbst 2020 veröffentlichte Reportage «Au coeur de la complosphère». In den acht Teilen wurde das Leben einer Gruppe von Anhängern sogenannter Verschwörungstheorien in der Westschweiz geschildert.
Der Journalist hatte seine wahre Identität vor seinen Gesprächspartnern verborgen. So verfälschte er zum Beispiel verschiedene Elemente seiner Biografie. Die Aktion im Sommer 2020 dauerte fast zwei Monate.
Der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor war der Ansicht, dass diese Recherche gegen die Berufsethik der Journalisten verstosse. Er bezeichnete die Arbeit als «demokratisch beunruhigend», insbesondere in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre. Eine in der Reportage erwähnte Lehrerin hatte sich ebenfalls an den Presserat gewandt.