Verlangen Coop und Migros zu viel für Label- und Bio-Fleisch?
Ein Ex-Mitglied des Schweizer Tierschutzes will wegen überteuertem Label-Fleisch im Coop und in der Migros Anzeige erstatten. Der Tierschutz selbst stoppt ihn.
Das Wichtigste in Kürze
- Coop und Migros verkaufen Label-Fleisch zu teuer, besagt eine Studie von Stefan Flückiger.
- Das ehemalige Mitglied des Schweizer Tierschutzes (STS) wollte deswegen Anzeige erstatten.
- Jedoch hielt ihn der STS davon ab, eine Anzeige bei der Weko einzureichen.
- Jetzt wirft Flückiger dem Tierschutz eine Abhängigkeit der Detailhändler vor.
Stefan Flückiger unterstellt dem Schweizer Tierschutz (STS) eine Abhängigkeit der Detailhändler Coop und Migros.
Er wollte die beiden Grosshändler wegen überteuerter Preise von Label-Fleisch bei der Wettbewerbskommission (Weko) anzeigen. Davor hatte er eine Studie durchgeführt, die zu diesem Ergebnis kam. Aber: Sein Arbeitgeber – der Tierschutz selbst – hielt ihn davon ab.
Flückiger war Mitglied der Geschäftsleitung beim Schweizer Tierschutz. Mitte Juni hatte er seinen letzten Arbeitstag.
Zuvor hatte er bei Kampagnen für das Tierwohl mitgewirkt und feuerte den Konsum von Label-Fleisch an. Label-Fleisch ist Fleisch von Tieren, die nach den Richtlinien von IP Suisse, Naturafarm, Weidebeef oder anderen Tierwohl-Labels gehalten werden.
Für den Tierliebenden ist es eine emotionale Angelegenheit. «Es tut ein Stück weit weh, wenn man etwas aufbaut und das nicht weiterführen kann», gesteht er gegenüber SRF.
Anreiz, Bio-Fleisch zu kaufen, fehlt
Letztes Jahr führte er die Studie zum Detailhandel und dem grossen Preisunterschied zwischen Standard- und Label-Fleisch durch. Die Resultate deuten darauf hin, dass Coop und Migros überhöhte Preise für Bio-Fleisch verlangen.
So gebe es keinen Anreiz für Konsumentinnen und Konsumenten, Label-Fleisch zu kaufen. Und genau das kritisieren Flückiger und der Tierschutz. Die Differenz sei zu gross.
Bauern und Bäuerinnen würden für den Verkauf von teureren Produkten verhältnismässig jedoch nicht mehr Geld erhalten. Von der dadurch geschafften Wertschöpfung würden insbesondere die Grossverteiler profitieren, besagt die Studie.
Die beiden Schweizer Lebensmittelriesen bestreiten die Ergebnisse der Studie. Für Label-Fleisch würden sie nicht mehr verlangen – Zahlen publizieren sie jedoch keine.
Tierschutz streitet Interessenskonflikt ab
Flückiger spricht von einem internen Interessenskonflikt. Mitarbeitende des Tierschutzes kontrollieren Label-Fleisch auf Bauernhöfen, auf dem Transport zum Schlachthof und im Schlachthof.
Dafür werden sie von Coop und Migros bezahlt. Insofern besteht laut Flückiger eine Abhängigkeit des Tierschutzes von den Grosshändlern.
Dort sagt man, es bestehe kein Interessenskonflikt: «Die Nutztierkontrollen des STS erfolgen völlig unabhängig», begründet man. Die Kontrolltätigkeit werde streng von Tierwohl-Kampagnen oder Kritik an Detailhändlern getrennt, heisst es weiter.