Versorgungsengpässe bei Medikamenten verschärfen sich
Die Medikamentenversorgung in der Schweiz wird knapper. Im Winter könnten sich die Engpässe weiter verschlimmern.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Medikamentenversorgung in der Schweiz verschärft sich weiter.
- Betroffen sind insbesondere Schmerzmittel und Antibiotika.
- Die Gründe für die Engpässe sind vielfältig.
Die Versorgung mit Medikamenten stösst in der Schweiz auf wachsende Probleme. Die Gründe sind vielfältig. Sie reichen von mangelnden Transportkapazitäten über Rohstoffengpässe bis hin zur Wirtschaftlichkeit. Der Winter könnte schwierig werden, sollte sich zu Covid-19 noch eine Grippewelle gesellen.
Der Krieg in der Ukraine und der befürchtete Energiemangel haben aktuell keinen Einfluss auf die Medikamentenversorgung der Schweiz, wie das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte. Derzeit stehen lebenswichtige 111 Arzneimittel auf der Liste der Versorgungsstörungen des BWL. Allerdings ist die Liste nicht vollständig, denn einige Produkte sind nicht meldepflichtig.
Die Engpässe sind nicht neu und ein zunehmendes globales Problem. Die für viele Wirkstoffe nach China oder Indien ausgelagerte Produktion spielt für die Versorgung eine wichtige Rolle.
Besonders angespannt ist die Situation bereits seit einiger Zeit bei den Heilmitteln für Infektionskrankheiten und bei oral verabreichten retardierten Opioiden. 2021 wies die Engpassliste 137 überlebenswichtige humanmedizinische Arzneimittel auf. Das waren in etwa gleich viele wie 2020, wie dem Jahresbericht des BWL zu entnehmen ist.
Meisten Engpässe bei den Schmerzmitteln
Am meisten Engpässe gab es mit 29 Prozent der Nennungen bei den Schmerzmitteln gefolgt von den Antibiotika mit 25 sowie den Impfungen und pilztötenden Mitteln mit je 10 Prozent. 63 Prozent der Fälle waren auf Schwierigkeiten in der gesamten Versorgungskette zurückzuführen. Das reichte von Vertriebsproblemen über Wirkstoff- oder Qualitätsmangel bis hin zum Formularkrieg.
Bei 20 Prozent der Engpässe war ein plötzlicher Konsumzuwachs der Grund. 18 Prozent verursachten Rückzüge vom Markt, wobei die Hälfte Antibiotika waren.
Beim Mangel eines Medikaments verweist das BWL in der Regel auf Generika oder andere konkurrierende Arzneimittel, Importe, Alternativbehandlungen oder alternative Darreichungsformen sowie eventuelle Anwendungseinschränkungen.
Bei einigen Mitteln erfolgen Lieferungen aus den Pflichtlagern. Der Rückgriff auf die Pflichtlager zeigt einen zunehmenden Trend: 2021 erlaubte der Bund die Entnahme in 89 Fällen. 2020 waren es noch 72 gewesen und 57 im Jahr 2019. Aktuell kommen Mittel gegen Infektionen und oral verabreichte synthetische Opiate aus den Pflichtlagern.
Lieferschwierigkeiten durch Corona noch nicht behoben
Den Mangel an Mitteln gegen die infektiöse Lungenkrankheit Covid-19 deckt die Pharmaindustrie nach BWL-Angaben unterdessen. Alle durch die Coronavirus-Pandemie verursachten Lieferschwierigkeiten seien indessen noch nicht behoben, teilte das Bundesamt weiter mit.
Generell ist der Arzneimittelmarkt aktuell mit begrenzten Lagern, langen Lieferfristen und Transportschwierigkeiten konfrontiert. Zusätzliche Probleme könnten durch im In- und Ausland reduzierte Produktionskapazitäten namentlich wegen des Gasmangels entstehen.
Vor diesem Hintergrund beauftragte der Bundesrat das Bundesamt für Gesundheit und das BWL im Februar mit einer Überprüfung des Massnahmenkatalogs für die Sicherheit der Medikamentenversorgung.