Verträger protestieren gegen Tiefstlöhne vor Post-Zentrale
Ein neues Lohnsystem sorgt bei Epsilon-Verträgern für Unmut. Auch die Gewerkschaften nahmen an der Protestaktion teil.
Das Wichtigste in Kürze
- Ab August soll für Epsilon-Angestellte ein neues Lohnsystem gelten.
- Dieses sorgt jedoch für viel Ärger.
- Zirka 20 Verträger der Post-Tochter protestierten deshalb am Mittwoch in Bern.
Rund 20 Verträger der Westschweizer Post-Tochter Epsilon haben heute Mittwoch vor dem Post-Hauptsitz in Bern gegen ein neues Lohnsystem protestiert. Damit drohe ihnen ein Stundenlohn von 17,44 Franken. Die Vertreter protestierten zusammen mit den Gewerkschaften.
Das neue System führe bei vielen Epsilon-Angestellten zu Lohneinbussen von bis zu 600 Franken pro Monat. Das teilte die Gewerkschaft Syndicom mit.
Das Lohnsystem soll ab August gelten. Die genauen Angaben über die zukünftigen Löhne würden ihnen vom Unternehmen jedoch nicht bekannt gegeben.
«Eine Schande»
Der Stundenlohn von 17,44 Franken unterböte sogar den von der eidgenössischen Postkommission Postcom festgelegten Mindestansatz für Zeitungsverträger. Der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), Pierre-Yves Maillard, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA: «Diese Situation ist eine Schande.»
Damit werde die Situation einer heute schon benachteiligten Berufsgruppe noch weiter verschlechtert. Dies, obwohl deren Wichtigkeit während der Corona-Pandemie so deutlich geworden sei.
Der Bund subventioniere die Verteilung der Zeitungen und er subventioniere die Post. Und diese bezahle den Angestellten dann so wenig, dass sie auf Sozialhilfe angewiesen seien. «Das ist eine Absurdität», sagte Maillard.
Nicht die ersten Proteste
Schon Ende Juni vergangenen Jahres hatten die Epsilon-Angestellten gegen die Kürzungen protestiert. Die Postspitze habe ihnen damals aber zu verstehen gegeben, dass keine höheren Löhne möglich seien. Das hiess es in der Mitteilung weiter.
Dies sei ein Argument, das jedoch durch den seit 2020 geltenden Mindestlohn von 23 Franken in Genf widerlegt worden sei. Denn dort seien bisher keine negativen Auswirkungen auf die Aufträge festgestellt worden. «Wir erwarten, dass die Post gegen die Hungerlöhne im Konzern vorgeht», wird Syndicom-Präsident Daniel Münger im Communiqué zitiert.
Die Post betonte, dass es sich für die meisten Angestellten um einen Nebenerwerb handle. Inklusive Deutschschweiz werde diese Arbeit von rund 1000 Personen während weniger Stunden pro Tag ausgeführt, sagte Léa Wertheimer der Keystone-SDA.
Gemäss dem neuen Lohnmodell würden diese Angestellten neu nach ihrem Aufwand, also der effektiven Arbeitszeit entlöhnt. Zusammen mit den Spesen erhalte die Mehrheit damit einen höheren Lohn.
Die Post würde mit Syndicom gerne über einen Gesamtarbeitsvertrag verhandeln, sagte Wertheimer weiter. Doch das sei von der Gewerkschaft abgelehnt worden. Forderungen für Lohnerhöhungen bei einer einzelnen Firma seien fehl am Platz. Aber «wir wären sehr bereit, über einen Branchenmindestlohn zu verhandeln», sagte Wertheimer.
Epsilon bereits bestraft
Bereits in den Jahren 2018 und 2019 mussten sich die Epsilon-Angestellten gegen Tiefstlöhne wehren. Im Februar 2020 wurde die Post-Tochter deswegen von der Postcom zu einer Busse von 180'000 Franken verurteilt. Das Unternehmen musste zudem rückwirkend für das Jahr 2019 Lohnnachzahlungen in der Höhe von 600'000 Franken leisten.
Das Westschweizer Frühzustellungs- und Werbevertriebsunternehmen Epsilon SA ist seit 2011 eine hundertprozentige Tochter der Schweizerischen Post. Es ist vor allem in den Kantonen Genf, Waadt und Freiburg tätig.