Von Verdingung Betroffene bekommen weniger Rente
Die Verdingung ist ein trauriges Kapitel der Schweizer Geschichte. Doch damit nicht genug: Jetzt wird den ehemaligen Verdingkindern noch die Rente gekürzt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ehemalige Verdingkinder erhalten einen Solidaritätsbeitrag von 25'000 Franken.
- Dies konnten die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen auf Gesuch beantragen.
- Jetzt stellt sich heraus: Dies kann zu schmerzhaften Rentenkürzungen führen.
Lange hat sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga für die Solidaritätsbeiträge für Verdingkinder eingesetzt. Tausende Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen sollen bis zu 25'000 Franken erhalten.
Doch nun werden die ehemaligen Verdingkinder erneut zum Opfer – ihnen werden die Renten gekürzt. Wie der «Kassensturz» bei «SRF» berichtet, wurde einer heute 89-jährigen Dame gar die Hälfte der Rente beschnitten.
Verdingkind wurde von religiöser Familie verprügelt
Die ältere Dame erzählt von einer schweren Kindheit. Nachdem ihr Vater starb und die Mutter krank wurde, kam sie zu einem gewalttätigen Pflegevater.
«Die Familie war sehr religiös, der Vater Laienpfarrer. Das hat sie aber nicht daran gehindert, mich zu verprügeln», erzählt sie.
Diese Geschichten wolle sie eigentlich nicht mehr ausgraben und habe daher lange gezögert, ein Gesuch für den Solidaritätsbeitrag einzureichen. Da sie aber von der AHV und Ergänzungsleistungen lebe, könne sie den finanziellen Zustupf gut gebrauchen.
Im Frühling 2018 wurde das Gesuch angenommen, die Frau erhielt 25'000 Franken. Doch die Freude hielt nicht lange an: Die Abrechnung der Ergänzungsleistungen waren ein Schlag ins Gesicht.
Verdingung: Solidaritätsbeitrag wird dem Vermögen angerechnet
Die 89-Jährige musste wegen der Auszahlung rückwirkend fast 3000 Franken zurückzahlen. Zudem wurde ihr die Rente um die Hälfte auf 220 Franken pro Monat gekürzt.
Auf dem entsprechenden Merkblatt des Bundesamtes für Justiz sei davon nicht direkt die Rede. Erst bei genauerem Hinschauen zeige sich auf einem weiteren Merkblatt, dass der Solidaritätsbeitrag dem Vermögen angerechnet werde.
Konkret werden ab einem Vermögen von 37'500 Franken die Ergänzungsleistungen reduziert.
Der Fall wird nun zum Politikum. SP-Nationalrat Beat Jans möchte in der Herbstsession einen Vorstoss einreichen, der den Missstand korrigieren soll.