VSE: Weichen für nachhaltige Energieversorgung rasch stellen
Das Wichtigste in Kürze
- Ohne massiv beschleunigten Zubau, massive Steigerung der Effizienz, fokussierten Um- und Ausbau der Netze sowie einen engen Energieaustausch mit Europa erreiche die Schweiz ihre Energie- und Klimaziele nicht, hiess es am Dienstag an einer Medienkonferenz des VSE bei der Präsentation der Studie «Energiezukunft 2050».
Denn jährlich müssten bis 2050 im Schnitt 1,3 Terawattstunden (TWh) zugebaut werden, um die Versorgungssicherheit garantieren zu können.
Die Studie zeigt verschiedene Möglichkeiten mitsamt Einschränkungen, Kosten und notwendigen Rahmenbedingungen, wie mit heutiger Technologie die energie- und klimapolitischen Ziele erreicht werden können. In Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) zeichnet der VSE dabei vier Szenarien auf.
Der «Energiezukunft 2050» liegen vier repräsentative Szenarien entlang der Dimensionen «inländische Akzeptanz für neue Energieinfrastruktur» (defensiver vs. offensiver Ausbau) sowie «energiepolitisches Verhältnis zu Europa» (isoliert vs. integriert) zugrunde.
Es sei die erste wissenschaftliche Modellierung, die das Gesamtenergiesystem der Schweiz sektorübergreifend bis ins Jahr 2050 simuliere und dabei auch die umliegenden Länder berücksichtige, hiess es. Das Modell geht von einer Abschaltung der Schweizer Atomkraftwerke und letztendlich den Verzicht auf fossile Energieträger aus. Deshalb werde es voraussichtlich 2040 zwischenzeitlich zu einem erhöhten Importbedarf kommen.
Das Szenario «offensiv-integriert» biete für die Schweiz insgesamt die robusteste Energieversorgung. In diesem Szenario seien die jährlichen Systemkosten mit rund 24 Milliarden Franken am tiefsten – und weniger als beim Status quo, hiess es.
Die Stromimportabhängigkeit im Winter liege bei diesem Szenario bei rund 7 TWh. Das entspreche 19 Prozent des Bedarfs im Winterhalbjahr und sei relativ gering. Der Umbau des Energiesystems reduziere die Energieimportabhängigkeit der Schweiz insgesamt um den Faktor 4 bis 6.
Im Gegensatz dazu würden die Kosten im Szenario «defensiv-isoliert» rund 28 Milliarden Franken ausmachen. Die Importabhängigkeit beim Strom betrage hier rund 9 TWh (22 Prozent des Bedarfs im Winterhalbjahr).
Eine enge Energiekooperation mit der EU schaffe zudem beste Voraussetzungen für die Versorgungssicherheit und das Erreichen der Energie- und Klimaziele – und dies zu den geringsten Kosten. Es müsse darum auch ein Abkommen der Schweiz mit der EU im Energiebereich geben, hiess es weiter.
Wasserkraft bleibe die tragende Säule im schweizerischen Energiesystem, so der VSE. Die Akzeptanz für neue Energieinfrastrukturen sei zudem zentral: Der Import von grünem Wasserstoff über die entstehende europäische Wasserstoffinfrastruktur könne neben Wasserkraft und alpine Photovoltaik zu einer tragenden Säule der Energieversorgung im Winter werden.
Um die Versorgungssicherheit durch wetterabhängige Produktion aufrecht erhalten zu können, seien Backup-Kraftwerke und Speichervorhaltungen nötig. Die Kosten dafür betragen laut VSE rund 1 Milliarde Franken pro Jahr und sind in den Systemkosten integriert.
Der Umbau des Energiesystems bedinge zudem einen Um- und Ausbau des Stromnetzes. Die Netzbaukosten seien in der Studie nicht berücksichtigt, sie dürften 1 bis 2 Milliarden Franken betragen.
Energiesicherheit ist laut VSE keine Selbstverständlichkeit mehr und das Risiko einer Energiemangellage – auch angesichts des steigenden Stromverbrauchs – «bittere Realität». Die Versäumnisse der letzten zehn Jahre würden schwer wiegen. Der Umbau des Energiesystems sei letztendlich ein Generationenprojekt, so der VSE weiter.
Aus Sicht des VSE muss die Versorgungssicherheit zum nationalen Interesse erklärt, und es müssen Hürden abgebaut werden, damit Versorgungssicherheit und Klimaneutralität bis 2050 möglich sind.