Warum zeigen Meitli-Gangs nach Attacken keine Reue?

Stephan Felder
Stephan Felder

Thal-Gäu,

Der Fall in Oensingen SO hat für Schlagzeilen gesorgt. Eine Mädchen-Gang verprügelt und erniedrigt eine Gleichaltrige. Von Reue keine Spur. Oder?

Oensingen
Die brutale Tat in Oensingen SO hat die Schweiz geschockt. - Tiktok/@dewinterthurer

Das Wichtigste in Kürze

  • Schock-Videos von brutalen Mädchen-Gangs kursieren derzeit im Internet.
  • Die Täterinnen zeigen nach ihren brutalen Taten keine Spur von Reue.
  • Gewalt-Experte Dirk Baier erklärt, weshalb das so ist.

In den letzten Tagen haben schockierende Gewalt-Videos aus Oensingen SO für Schlagzeilen gesorgt.

Ein 16-jähriges Mädchen verprügelt und erniedrigt. Die Täterinnen zwischen 14 und 16 Jahren alt. Das Opfer musste seine eigenen Haare essen und sich ausziehen.

Bis zur Hirnblutung

Im deutschen Sande wurde vor wenigen Tagen eine 14-Jährige in der Schule brutal zusammengeschlagen. Sie erlitt eine Hirnblutung, musste ins Spital.

Das Alter der Täterinnen? Zwischen 13 und 15 Jahren.

Die beiden brutalen Angriffe haben viele Gemeinsamkeiten. Eine sticht besonders hervor: Mehrere Täterinnen zeigen nach ihren Attacken keine Reue.

Oensingen SO Mädchen
Videos der Taten wurden im Internet verbreitet. - Instagram/@dewinterthurer

Das zeigt ein Video-Beitrag von einem der Zwischenfälle in Oensingen. Darunter melden sich die mutmasslichen Täterinnen zu Wort, ohne Bedauern zu äussern.

«Bevor du sagst, es sei traurig, bitte frage erst, was der Grund war», schrieb eine. Und: «Es kratzt mich nicht.»

Eine von ihnen sagte später gegenüber dem Lokalsender Tele M1 noch: «Ich habe ihr die Haare abgeschnitten. Ich habe sie gekickt. Ich habe ihr ins Gesicht gespuckt.»

In Sande stritten die Täterinnen alles ab. Bis sie durch stichhaltige Beweise überführt wurden. Reue? Auch hier keine Spur.

Was steckt dahinter?

Teenie-Gewalttäter verändern sich meist

Gewaltforscher Dirk Baier sagt zu Nau.ch: «Die Mädchen wissen sehr wohl, dass sie eine Grenze überschritten haben.»

Schon die Rückmeldungen hätten deutlich gezeigt, dass sie falsch gehandelt hätten.

«Aber dadurch entsteht ein Widerspruch, den die Mädchen für sich auflösen müssen: Ich habe etwas getan, was nicht in Ordnung war.»

Wurdest du als Teenager gemobbt?

Die Lösung wären dann Neutralisierungstechniken. Heisst: «Man weist dem Opfer die Schuld zu. Man trivialisiert, was man getan hat.»

Das sei quasi der erste Schritt der Verarbeitung auf Täterinnenseite. «Jetzt kommt es darauf an, diese Neutralisierungen zu durchbrechen. Es braucht die ehrliche Einsicht, etwas falsch gemacht zu haben.»

Baier ist diesbezüglich zuversichtlich: «Aus der Forschung ist bekannt, dass die allermeisten jugendlichen Gewalttäter schnell wieder aufhören, sich so zu verhalten.»

Wie kommen die Täterinnen überhaupt dazu, so brutale Attacken zu begehen? Laut Baier lässt sich das Profil der Täterinnen relativ einfach definieren.

«Die familiäre Erziehung spielt eine Rolle. Wenig elterliches Interesse, gepaart mit wenig emotionaler Zuwendung. Dazu noch elterlicher Gewalt: Das ebnet den Weg in die Gewaltbereitschaft.»

Und: Die Mutter einer der Täterinnen erzählte dem Lokalsender, ihre Tochter leide an einer Borderline-Störung.

Jeder kann zum Opfer werden

Im Jugendalter stiege dann die Bedeutung der Gleichaltrigen: «Die falschen Freundinnen und Freunde erhöhen die Bereitschaft, selbst Straftaten zu begehen.»

Weniger eindeutig charakterisieren lassen sich die Opfer. Baier: «Es kann quasi jeder zum Opfer werden. Ein unbedachter Kommentar oder ein falscher Blick kann genügen – und schon fühlen sich die Tatpersonen herausgefordert.»

Hast du dich durch Teenie-Gangs auch schon bedroht gefühlt?

Doch trotz der Vorfälle in Oensingen und Sande: Der Eindruck, dass die Gewalt durch terrorisierende Mädchen-Gangs ansteigt, täuscht.

Baier verweist auf die Statistik: «In der Schweiz werden pro Jahr rund 200 junge Frauen im Alter von 15 bis 17 Jahren als Beschuldigte von Gewaltstraftaten registriert.» Diese Zahl sei vor zehn Jahren praktisch identisch gewesen.

Gewalt steigt auch bei den Mädchen leicht an

Bei den männlichen Jugendlichen habe es im gleichen Zeitraum hingegen einen Anstieg von rund einem Drittel gegeben.

Keine Sorge bezüglich Teenager-Meitli also?

Baier warnt: «Bei der Gruppe der jüngeren Jugendlichen, also der unter 15-Jährigen, steigt auch bei den Mädchen die Anzahl registrierter Gewalttäterinnen. Wenn auch auf niedrigem Niveau.»

Bleibt zu hoffen, dass die Gewalt-Videos aus Oensingen keine unrühmlichen Nachahmerinnen finden werden.

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Kommentare

User #6348 (nicht angemeldet)

Mutmasslich wird bereits die Geschichte hinsichtlich Schuldunfähigkeit zusammengedichtet.

User #2272 (nicht angemeldet)

Warum reue? die lieben was sie anrichten, filmen es und lachen gut..

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