Was bedeutet der Anstieg des Referenzzinssatzes genau?
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund hat den Referenzzinssatz für Wohnungsmieten von 1,25 auf 1,50 Prozent angehoben.
- Nun können Vermieter unter Einhaltung gewisser Fristen und Vorgaben die Mieten erhöhen.
- Nau.ch erklärt, wer betroffen ist, und wie man sich gegen eine Erhöhung wehren kann.
Der Referenzzinssatz für Wohnungsmieten steigt erstmals seit 15 Jahren. Per 2. Juni hat das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) den Wert von 1,25 auf 1,50 Prozent angehoben.
Referenzzinssatz? Was ist das überhaupt?
Der Referenzzinssatz ist die wichtigste Richtgrösse für die Höhe der Wohnungsmieten. Eine Anhebung um 0,25 Prozent bedeutet, dass Vermieter den Mietzins um drei Prozent erhöhen können. Diese Erhöhung gilt aber nur für Mietverträge, die auf dem Zinssatz von 1,25 Prozent basieren. Und sie ist nur zulässig, wenn auch die vorherigen Senkungen an die Mieter weitergegeben wurden.
Ab wann kann der Vermieter die Miete erhöhen?
«Die Miete kann frühestens auf den nächsten Kündigungstermin unter Einhaltung der Kündigungsfrist angepasst werden», erklärt Fabian Gloor vom Mieterverband. Da diese Frist gesetzlich mindestens drei Monate beträgt, wäre der früheste Zeitpunkt, ab dem eine Erhöhung greifen kann, im Oktober.
Kündigungsfrist und mögliche Kündigungsdaten, an die sich Mieter und Vermieter halten müssen, sind aber von Mietvertrag zu Mietvertrag unterschiedlich.
Wann und wie erfahre ich, ob ich mehr zahlen muss?
«Die Vermieterschaft muss der Mieterschaft die Erhöhung mit einem vom Kanton genehmigten Formular ankündigen», erklärt Gloor.
«Dieses muss mindestens zehn Tage vor der Kündigungsfrist eintreffen.» Bei einer Vertragsänderung per 30. September müsste der Brief also spätestens am 20. Juni ins Haus flattern.
Machen Sie sich Sorgen, dass Ihre Miete teurer werden könnte?
Was, wenn ich mehr Miete zahlen soll, die bisherige Miete aber nie wegen des Referenzzinssatzes gesunken ist?
Gemäss dem Mieterverband haben Vermieter die Senkungen des Referenzzinssatzes nur in 30 Prozent der Fälle an die Mieter weitergegeben. Also dürfen sie auch nur diese erhöhen.
«Umso wichtiger ist es jetzt, dass Mieterinnen und Mieter genau hinschauen», sagt MV-Vizepräsident Michael Töngi. Um sich gegen eine missbräuchliche Erhöhung zu wehren, müssen Mieter selbst aktiv werden. Sie können «diese innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Erhöhungsanzeige bei der zuständigen Schlichtungsstelle anfechten.»
Betrifft die Erhöhung alle Mieter?
Die Erhöhung von drei Prozent ist grundsätzlich nur bei Mietverträgen möglich, die auf einem Zinssatz von 1,25 Prozent basieren. Zudem müssen die Senkungen der letzten Jahre weitergegeben worden sein.
Und: «Nicht in jedem Fall mündet die Erhöhung des Referenzzinssatzes in eine Mietzinsanpassung». Dies betont der Verband für umweltbewusste und faire Wohneigentümer*innen Casafair in einer Mitteilung. Für faire Vermieter*innen stelle sich zunächst die Frage, ob eine Mietzinsanpassung überhaupt gerechtfertigt sei.
Auch ZKB-Immobilienexpertin Ursina Kubli erklärte kürzlich bei Nau.ch: Die Mieterhöhungen lassen sich vor allem dort durchsetzen, wo die Nachfrage – die Wohnungsnot – am grössten sei. In Gemeinden mit vielen leerstehenden Wohnungen hätten «Vermieter oftmals ein Interesse an bestehenden Mietverhältnissen», so Kubli.
Wie viel muss ich konkret mehr zahlen?
Nehmen wir als Beispiel einen Mieter in Zürich, der seit Vertragsabschluss 2020 derzeit 2000 Franken Miete bezahlt. Dazu kommen wegen des Referenzzinssatzes drei Prozent (60 Franken) plus zwei Prozent wegen der Teuerung (40 Franken). Zudem darf der Vermieter eine allgemeine Kostensteigerung von 0,5 Prozent pro Jahr verrechnen, also für drei Jahre 30 Franken. Damit könnte die Miete des Zürchers bald 2130 Franken betragen.
Kommen noch weitere Erhöhungen?
Die schlechte Nachricht lautet: Ja. «Wir erwarten vier weitere Zinsschritte in den kommenden vier Jahren», erklärte Kubli. Mieter sollten sich aufgrund der gestiegenen Energiepreise ausserdem generell auf höhere Kosten einstellen, warnte sie.
Das Bundesamt für Wohnungswesen teilte heute mit: Schon im Winter oder 2024 könnte der Referenzzinssatz erneut um 0,25 Prozentpunkte ansteigen.