Was die Welt sprachlich verbindet

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Bern,

Sprachwissenschaftler suchen nach universellen Eigenschaften in den über 7000 weltweit gesprochenen Sprachen.

Wer sich bei der Esa als Astronautin oder Astronaut bewerben will, sollte Englisch und eine weitere Fremdsprache sprechen. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Sprachwissenschaftler suchen nach universellen Eigenschaften in den über 7000 weltweit gesprochenen Sprachen. - dpa-infocom GmbH

Mehr als 7000 Sprachen werden weltweit gesprochen. Dabei gibt es gewisse Laute und Ideen, die sich quasi überall auf der Welt finden. Sprachwissenschaftler suchen danach.

Wer etwas Ekliges entdeckt, sagt überall auf der Welt «iiih!»? Und in jeder Sprache kann man bis zehn zählen? Stimmt beides nicht. In den Tausenden von Sprachen weltweit existieren die unterschiedlichsten Laute und Ideen.

Sprachwissenschaftler versuchen trotzdem immer wieder, universelle Eigenschaften von Sprache zu finden. Ab und an werden sie fündig.

Ein interdisziplinäres, internationales Forschungsteam hat sich jüngst angeschaut, welche Ausdrücke Menschen in 131 Sprachen von sich geben, wenn sie Schmerz, Freude und Ekel empfinden.

Emotionale Äusserungen im Fokus

«Ah», «au», «autsch» und «ai» waren typische Äusserungen bei Schmerz, also mit dem offenen Vokal «a». Bei Freude und Ekel reagierten die Menschen in verschiedenen Kulturen aber mit unterschiedlichen Vokalen.

Die im «Journal of the Acoustical Society of America» erschienene Studie kann laut Ko-Autorin Katarzyna Pisanski dazu beitragen, etwas über die Ursprünge der Sprache herauszufinden.

«Warum haben wir Menschen angefangen zu sprechen und andere Primaten nicht?», fragt sie. Beispielweise könnten alle Affen lachen und spielerische Laute bilden. «Dennoch sind wir die einzige Spezies, die eine gesprochene Sprache entwickelt hat.»

Die Suche nach universellen Lauten

Der Linguist Johann-Mattis List von der Universität Passau zählt im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur weitere Dinge auf, die in vielen Sprachen vorkommen. Das Kinderwort für Mutter ist häufig «Mama», «Ma», «Amma» oder ähnlich, das für den Vater häufig «Papa» oder «Baba».

Das hänge damit zusammen, dass Babys die Laute «m» und «a» sowie bestimmte Laute – sogenannte Plosive – besonders leicht bilden können. Andere Gemeinsamkeiten liessen sich auf die Wahrnehmung zurückführen.

Farben und Formen in der Sprache

So haben laut List alle der Wissenschaft bekannten Sprachen ein Wort für «rot». «Das ist besonders wichtig für Früchte, da reagieren wir drauf», sagt List. Doch wie bei allen anderen Sprach-Universalien würde er nicht darauf wetten, dass dies wirklich für alle Sprachen der Welt gelte.

«Es gibt immer Ausnahmen.» Jedes Mal finde sich irgendwo eine Sprache, für die irgendetwas nicht gelte. Der Sprachwissenschaftler Fabian Bross von der Universität Stuttgart hat dafür ein weiteres Beispiel.

Ausnahmen bestätigen die Regel

So sei «m» einer der ersten Laute, die Babys produzieren – und trotzdem kommt er nicht in allen Sprachen vor. «97 Prozent der Sprachen weisen ein »m« auf», sagt er. Die Sprache Rotokas auf der Insel Bougainville in Papua-Neuguinea gehöre aber beispielsweise nicht dazu.

Chinesisch
Chinesisch wird als Fremdsprache immer beliebter. - Depositphotos

Diese Sprache komme ohnehin nur mit 11 Sprachlauten aus, wohingegen die Taa-Sprache im südlichen Afrika mehr als 140 Laute aufweise, darunter viele Schnalz- und Klicklaute.

In vielen Fällen, sagt Bross, sei den Forschenden klar, warum bestimmte Dinge mit bestimmten Lauten ausgedrückt werden.

Die Bedeutung von Frequenz

«Dinge, die klein sind oder »klein« bedeuten, haben eher ein «i», Dinge, die gross sind oder «gross» bedeuten, eher ein «o». Denn kleine Dinge haben eine hohe Frequenz, grosse Dinge eine tiefe Frequenz – das hängt mit der Grösse des Resonanzkörpers zusammen.» Ein Bär klinge eben tiefer als ein Spatz.

Andere Zusammenhänge aber seien zumindest bislang unklar, etwa der sogenannte Bouba/Kiki-Effekt, sagt Bross. Zeige man Menschen eine runde und eine eckige Form, wiesen sie das Fantasiewort «Bouba» der runden Form zu und das Wort «Kiki» der eckigen Form.

Bouba/Kiki-Effekt: Universelle Wahrnehmung?

Das ist jedem Menschen klar, egal wo er lebt und was er spricht, auch Kindern schon. Eine weitere Studie, an der auch deutsche Forschende beteiligt waren, schaute sich gerade an, wie verschiedene Sprecherinnen und Sprecher die Laute «R» und «L» empfinden.

Ein rollendes «R» wurde mit einer rauen Textur und einer gezackten Form in Verbindung gebracht, ein «L» mit einer glatten Textur und einer flachen Form, heisst es ebenfalls im «Journal of the Acoustical Society of America».

«Unsere Forschung zeigt, dass Sprachlaute eine bestimmte Textur und Form haben», erklärt Ko-Autor Marcus Perlman von der University of Birmingham.

Der R/L-Effekt sei noch stärker und konsistenter als der Bouba/Kiki-Effekt. Diese Übereinstimmungen könnten die Entwicklung der gesprochenen Sprache beeinflusst und die Wörter geprägt haben, die verwendet werden, um über Textur und Form zu sprechen, meint er.

Die Ursprünge der Sprache

Könnte es vielleicht sogar sein, dass manche Universalien auf eine einzige Ursprache zurückgehen? Laut List denken zahlreiche Sprachwissenschaftler, dass Sprache nur einmal in der Evolution entstanden ist. «Aber ich glaube, dass wir nicht genügend Evidenz haben.»

Der Lehrstuhl-Inhaber für Multilinguale Computerlinguistik erläutert, dass die Forschung höchstens 10'000 Jahre zurückreiche – Sprache aber wahrscheinlich schon vor mindestens 250'000 Jahren erstmals gesprochen wurde.

Mehr zum Thema:

Kommentare

User #5122 (nicht angemeldet)

Vermutlich das Wort Geld.

User #3662 (nicht angemeldet)

Auf jeden Fall verbindet sicher nicht das "Gendern"....

Weiterlesen

Weiterbildung
15 Interaktionen
Fashion
3 Interaktionen

Mehr aus Stadt Bern

franken
16 Interaktionen
15 Interaktionen
computer tastatur servicenow
5 Interaktionen
Paar am Strand Hochzeit
4 Interaktionen