Wegen Putin: Deutsche rüsten Bunker auf – Schweiz hats nicht nötig
Deutschland hat Bunker für gerade mal eine halbe Million Menschen – und zittert. Die Schweiz ist besser dran. Doch ausgerechnet Pendler sind ein Problem. Warum?
Das Wichtigste in Kürze
- Angesichts der russischen Bedrohung zittert Deutschland wegen eines Mangels an Bunkern.
- Die Schweiz hingegen hat Platz für bis zu zehn Millionen Einwohner.
- Die vielen Pendler könnten im Kriegsfall jedoch zum Problem werden.
Mit Hinblick auf den Ukraine-Krieg ergreift Polen Massnahmen: Ab 2026 müssen Neubauten mit Schutzräumen, also Bunkern, ausgestattet sein. Zu gross die Angst, weil Russen-Herrscher Wladimir Putin dem Westen immer wieder mit militärischen Angriffen droht.
Nun wollen auch die Deutschen aufrüsten. Denn in Deutschland besteht noch keine solche Regelung. Doch die Lage ist prekär: Gerade mal 579 öffentliche Schutzräume mit Platz für 480'000 Personen gibt es, wie die deutsche «Bild» berichtet.
Die Schweiz hingegen ist gut vorbereitet. Sandra Walker, Sprecherin des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS) betont auf Anfrage: Liegenschaften müssen schon länger über schnell zugängliche Schutzräume verfügen.
Sie stellt klar: «Wir stehen massiv besser da als Deutschland. Wir haben Platz für etwa neun Millionen Menschen.»
Teilweise werden private Luftschutzkeller in der Schweiz sogar aufgehoben. Grund: Die Sanierung wäre zu teuer. Betroffen sind rund 100'000 Einfamilienhäuser.
«Habe ihn bisher als Vorratsschrank benutzt»
Eine Seniorin aus dem Kanton Solothurn, die in einem Einfamilienhaus mit Luftschutzkeller wohnt, sagt zu Nau.ch; «Früher kam praktisch nie jemand vorbei, um die Einhaltung der Standards zu kontrollieren. Seit Corona und dem Ukraine-Krieg hingegen regelmässig.»
Sie ist zwar nicht von der Aufhebung betroffen. «Aber mir wäre es piepegal, wenn ich keinen Schutzraum mehr hätte», erklärt sie. Bisher habe sie ihn unter anderem als Lebensmittelvorratsschrank benutzt.
Die Schutzräume in der Schweiz bestehen aus einer Hülle aus Stahlbeton, einer verschliessbaren Panzertüre als Ein-/Ausgang und: einem Panzerdeckel und einer Fluchtröhre als Notausgang. Im Schutzraum gibt es ein Belüftungssystem sowie Liegestellen und Trockenklosetts.
Darum wären im Kriegsfall ausgerechnet Pendler das Problem
Das eigentliche Problem: die Pendler. Die BABS-Expertin erläutert: «Wir haben Tausende Menschen, die zu bestimmten Zeiten beispielsweise aus dem Aargau nach Bern reisen.»
Kommt der Alarm nun während der Arbeitszeit oder wenn die Menschen zu Hause sind?
Die Sprecherin erklärt: «Das können wir unmöglich wissen. Wenn es nötig wäre, dass Menschen schnell in Schutzräumen untergebracht werden müssen, könnten diese zu weit vom Arbeitsort entfernt sein.»
Ein weiteres Problem sieht Walker in der Bauweise: «Die Schutzräume wurden nach den Vorgaben aus den 70er-Jahren gebaut.» Damals ging man davon aus, dass die Menschen über längere Zeit dort verweilen müssten.
Heute rechnet man jedoch damit, dass ein Aufenthalt nur für Stunden oder wenige Tage nötig wäre.
«Man geht davon aus, dass sich die Menschen in der Regel nur während einer Angriffsphase beziehungsweise einer akuten Bedrohung in den Schutzräumen aufhalten und diese wieder verlassen, wenn keine Gefahr mehr besteht», erklärt Walker.
Mehrere Wochen im «Bunker»: Das war einmal!
Die kürzere Aufenthaltsdauer bringt geringere Ansprüche an die Schutzrauminfrastruktur mit sich. «Wenn man sich nur für kurze Zeit beziehungsweise einige Stunden im Schutzraum aufhalten muss, dann braucht es weniger ‹Komfort›, als wenn man permanent im Schutzraum wäre.»
Die Alarmierung und Aufforderung zum Schutzraumbezug würde über Sirenen und herkömmliche Kommunikationsmittel erfolgen. Zum Beispiel: «Bleiben Sie zwischen 8 und 12 Uhr in den Schutzräumen.»
Erfahrungen aus der Ukraine zeigen, wie wichtig Sirenen und mobiltelefonbasierte Alarmierungsinstrumente geworden sind. «Das Smartphone ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Menschen erwarten sofortige Informationen von den Behörden. Das Radio hingegen wird von der jüngeren Generation immer weniger genutzt.»
Dafür spricht: Das SRG schaltet seinen UKW-Rundfunk per Ende 2024 ab.
Ein Smartphone-Alarm nicht zum Wecken
Eine Handy-Alarmierung könnte über die Technologie Cell Broadcast erfolgen. «Cell Broadcast ist ein neuer, schneller Info-Kanal, der ausschliesslich auf Smartphones funktioniert», erklärt Walker.
Gleichzeitig macht sich das BABS Gedanken, wie alle verfügbaren Alarmierungskanäle effizient genutzt werden können. «UKW verliert an Bedeutung, wenn offizielle Radiostationen beispielsweise auf DAB+ umstellen.»
In der Schweiz wird entsprechend der Bauentwicklung stets darauf geachtet, dass genügend Schutzräume gebaut und bestehende instand gehalten werden.