«Weniger Kopfweh»? So nützlich sind Blaufilter-Brillen wirklich
In der heutigen digitalen Welt werden Brillen mit Blaulichtfilter immer beliebter. Doch laut Experten ist deren Effektivität nicht erwiesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Tragen von Blaulichtfilter-Brillen ist aktuell stark im Trend.
- Die Effektivität dieser Brillen ist gemäss Experten bislang aber noch nicht erwiesen.
- Laut Optik Schweiz sei es heikel, solche Brillen mit Gesundheitsversprechen zu vermarkten.
Mit der ständigen Nutzung von Computern, Smartphones und anderen digitalen Geräten gewinnen Blaulichtfilter-Brillen zunehmend an Popularität.
Wieso das? Angeblich sollen sie helfen, die Auswirkungen des Blaulichts zu mildern.
Auch Nau.ch-Leserin Mia* (18) hat sich vor etwa vier Monaten eine solche Brille zugelegt. Sie leidet an ständigen Kopfschmerzen und ist dem Blaulicht täglich ausgesetzt.
Ihr Gefühl sagt ihr: «Ich denke, mit dem Tragen der Brille habe ich weniger oft Kopfschmerzen.»
Dominic Ramspeck von Optik Schweiz sagt auf Anfrage von Nau.ch dazu: «Bei häufigen Kopfschmerzen liegen die Ursachen vermutlich nicht beim Blaulicht.»
Viel eher seien diese durch nicht oder falsch korrigierte Fehlsichtigkeiten bedingt. Oder es liege an den ergonomisch schlecht eingerichteten Arbeitsplätzen.
Brille soll Schlafqualität verbessern
«Die Blaulichtfilter-Brille soll kurzwelliges blaues Licht von Smartphone- und Computerbildschirmen reduzieren», erklärt Alice Kitay von der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft (SOG). Dabei solle sie die Netzhaut schützen und die Schlafqualität verbessern.
Die Theorie hinter diesen Filterbrillen sei: «Das kurzwellige und energiereichere, und somit potenziell gefährlichere Licht soll gefiltert werden.»
Wie aber steht es um die Effektivität der Blaulichtfilter-Brillen?
Keine Erkenntnis zur Verbesserung
Augenärztin Kitay berichtet, dass eine grosse Metaanalyse des Cochrane Instituts aus 2023 dies genauer untersucht habe: «Eine Verbesserung der Sehleistung und des Makulaschutzes im Vergleich zu Brillengläsern ohne einen solchen Filter zeigte sich nicht.»
Zur Erklärung: An der Makula besteht die höchste Dichte an Sehzellen. Langfristige Aussagen zur Netzhautgesundheit könne man allerdings noch nicht treffen.
«Einen Schaden verursachen sie wohl nicht, sofern nicht zu viel Blau gefiltert wird», meint Ramspeck dazu. Dies würde sonst zu verfälschter Farbwahrnehmung führen.
Sprich: «Blaue Warnlichter von Polizei- und Krankenwagen oder Verkehrs-Ampeln können dann nicht mehr richtig wahrgenommen werden.»
Gesundheitsversprechen nicht gewährleistet
Ramspeck hält fest: «Wenn spezifische Filtergläser nicht aus medizinischen Gründen verordnet werden, ist es heikel, Blaulichtfilter-Brillen mit Gesundheitsversprechen zu vermarkten.» Ein Nutzen sei bislang nicht erwiesen.
Auch Kitay empfiehlt ihren Patienten die Verwendung von Blaulichtfilter-Brillen nicht, denn: «Müde und schmerzende Augen während längeren Bildschirmarbeiten sind auf eine angestrengte Augenmuskulatur und eine oberflächliche Trockenheit zurückzuführen.»
In solchen Fällen rät sie zu einer ausreichenden Trinkmenge sowie zur Verwendung von Augentropfen.
*Name von der Redaktion geändert