Wenn man im Müesli plötzlich ein Gesicht erkennt
Das Hinterteil eines Motorrads schaut mit grossen Augen herüber. Klingt gaga? Über ein Phänomen unserer Wahrnehmung.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Phänomen «Faces in Things» sorgt im Moment im Netz für Aufsehen.
- Bei diesem Effekt sehen Menschen in ganz alltäglichen Objekten plötzlich ein Gesicht.
Hier glotzt ein Betonpoller, dort kneift ein Hausdach die Augen zusammen und
an der nächsten Ecke pfeift ein Baumstamm. Fast jeder dürfte das kennen:
Plötzlich sieht man irgendwo ein Gesicht, wo eigentlich keines ist. Das
Phänomen ist ein beliebter fotografischer Gag: Auf Twitter folgen mehr als
600 000 Menschen der Seite «Faces in Things» («Gesichter in Dingen»). Dort
werden Bilder von grimmig dreinschauenden Putzmobs oder langnasigen
Kleiderhaken veröffentlicht.
Aber auch Forscher beschäftigen sich mit
Pareidolie, wie der Effekt in der Fachsprache heisst. Der emeritierte
Wahrnehmungspsychologe Mausfeld erklärt, was hinter dem Effekt steckt: Für
den Menschen und seine sozialen Interaktionen sei es extrem wichtig,
Gesichter auch als solche zu erkennen, sagt er. «Für sozial organisierte
Lebewesen ist es das wichtigste Konzept zum Andocken an Meinesgleichen.»
Schon Säuglinge seien in der Lage, Gesichter wahrzunehmen. Deshalb können Menschen beispielsweise in einer Hausfassade ein Gesicht
erkennen, ein Auto lächeln oder den Betonpoller grimmig gucken sehen.
Manchmal hat Pareidolie extreme Folgen. So wurde im Jahr 2004 eine angebissene, 10 Jahre alte Käsebrotscheibe für 28 000 US-Dollar versteigert, auf der mit etwas Fantasie das Antlitz der Jungfrau Maria zu erkennen war. Für noch mehr Aufregung sorgte das «Gesicht auf dem Mars». Die Nasa-Sonde «Viking 1» hatte 1976 Fotos von der Oberfläche des Roten Planeten gemacht. Auf einem der Bilder war deutlich ein Gesicht zu erkennen - inklusive Augen, Nase und Mund. Verschwörungstheoretiker sahen das als Beweis für intelligentes Leben auf dem Mars.
Mars-Geologie: Pyramiden? Sogar ein Gesicht gab es auf dem Mars http://t.co/3kjsNCdE7w pic.twitter.com/wEcLD4rUqz
— WELT (@welt) June 24, 2015