Zollikofen: Berner Betagtenheim wird von Polizei geräumt
Am Donnerstag wurde das besetzte Betagtenheim von der Polizei in Zollikofen BE geräumt.
Das Wichtigste in Kürze
- Gestern Donnerstag wurde das besetzte, ehemalige Betagtenheim in Zollikofen BE geräumt.
- 19 Personen wohnten im «einigermassen siffigen», besprayten Gebäude.
- Bis zum geplanten Umbau soll es nicht mehr besetzt werden können.
Es scheint, als wären die Besetzer des leerstehenden Betagtenheims in Zollikofen von der Polizei geradewegs vom Esstisch abgeführt worden. Auf improvisierten Tischen stehen noch die halbvollen Teller mit Spaghetti.
«Glas», «Pet» und «Alu» haben die 19 Frauen und Männer auf die Betonpfeiler am Kücheneingang gesprayt. Darunter steht je ein Kehrichtsack, wo die entsprechenden Gebinde entsorgt werden sollen.
Wo die Kochlöffel und Schnitzer hingehören, wo das Essbesteck, die Tassen und Teller ist ebenfalls klar ersichtlich. In Kisten lagern Salat, Karotten und anderes Gemüse. Selbst der Aufruf, doch bitte selber abzuwaschen, prangt über dem Spülbecken.
Besetzer wollen «Visionen umsetzen»
Die Eingangshalle des ehemaligen Betagtenheims hat das Besetzerkollektiv zur öffentlichen Wohnstube umfunktioniert. Denn die Besetzer wollen das brachliegende Haus für alle öffnen.
Ihre Message: «Wir haben Visionen. Wir wollen diese Visionen umsetzen. Jetzt und nicht irgendwann.»
Gleich neben der Küche richtete das Kollektiv eine Bar ein. Sich treffen, diskutieren, gemeinsam kreativ sein, das war die wohl reichlich idealistische Vorstellung.
An einer Wand hängt ein Zettel, auf dem die Besetzer weitere Ideen für Aktivitäten notierten. Von Karaoke über Lesungen, Konzerte, Basteln findet sich alles. Fast ominös mutet der Vorschlag «Räuber und Bullen spielen» an, der jemand auf den Zettel gekritzelt hatte.
Zahlreiche Lärmklagen
Doch die Nachbarschaft in Zollikofen reagierte, gelinde gesagt, zurückhaltend auf das Angebot. Stattdessen gingen bei der Gemeinde zahlreiche Lärmklagen ein.
Das Kollektiv habe auf seine Art eine gewisse Organisation gehabt. Das stellte Gemeindepräsident Daniel Bichsel (SVP) bei einem Gang durch das Parterregeschoss fest. «Doch aus der Spaghettipfanne hätte ich lieber nicht essen wollen.»
Tatsächlich zeugte das Erdgeschoss aber nicht nur von wohlgeordneter Kommunenromantik. Es war nämlich auch einigermassen siffig. Überall liegen Zigarettenstummel, auf den Tischen stehen oder liegen leere Bier- und Weinflaschen. Und in der Küche ist die Wirkung des Aufrufs, selber abzuwaschen, offenbar verpufft.
Auch die Fassade des weitherum sichtbaren Betongebäudes besprayten die Besetzer. Ob sie von den Tags befreit wird, ist laut Gemeindepräsident noch offen. Im Innern halten sich die Schäden durch die Besetzer einigermassen in Grenzen, einmal abgesehen von den Sprayereien.
Zollikofen Berner Gebäude soll umgebaut werden
Der Gebäudekomplex soll ohnehin umgebaut werden. «Wir müssen die Liegenschaft besenrein übergeben», führte Bichsel aus. Die Gebäudeversicherung will den Komplex übernehmen und eine Mehrgenerationensiedlung daraus machen. Doch noch fehlt eine rechtskräftige Überbauungsordnung.
Bis dahin soll das Gebäude in Zollikofen nicht mehr besetzt werden können. Denn mit den neuen Besitzern sei keine Zwischennutzung vereinbart worden, sagte Bichsel. Nun werde zuerst einmal der Abfall der Besetzung abgeführt, dann das Gebäude gesichert.
Dass es Bichsel ernst ist, beweist ein Lieferwagen von dem bereits am Mittag Sperrholzplatten abgeladen werden. Sie dienen wohl dazu, Fenster und Türen zu vernageln. Zudem wird auch eine private Sicherheitsfirma das Gebäude rund um die Uhr bewachen. Zumindest eine Zeit lang, wie Bichsel sagte.