Der Chirurg Othmar Schöb arbeitet 80 Stunden pro Woche – für ihn ganz normal. Darum hält er auch nicht viel vom Teilzeit-Wunsch der jüngeren Generationen.
Othmar Schön Patientin
Für seine Frau und die vier Kinder bleibt dem Spitzenchirurg wenig Zeit. - SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Spitzenchirurg Othmar Schöb arbeitet 80 Stunden pro Woche.
  • So bleibt auch fürs Zmittag wenig Zeit – zwei Mandarinli und ein Joghurt müssen reichen.
  • Er findet, dass eine 50-Stunden-Woche für Assistenzärzte zu wenig sei.
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In der Schweiz rückt eine gesunde Work-Life-Balance immer mehr in den Vordergrund. Eine Umfrage eines Schweizer Beratungsunternehmens ergab, dass ein Grossteil der Bevölkerung lieber Teilzeit arbeiten würde. Dieser Wunsch macht sich auch in den Spitälern breit. Denn junge Assistenzärztinnen und -ärzte hadern mit der üblichen 50-Stunden-Woche.

Ganz zum Unmut der älteren Generation. Für Othmar Schöb, Spitzenchirurg an der Klinik Hirslanden in Zürich, sind gar zehn Stunden Arbeit pro Tag «zu wenig».

Schöb selbst ist sich nämlich anderes gewöhnt, wie die SRF-«Rundschau» berichtet: Der 61-Jährige arbeitet ganze 80 Stunden pro Woche – auf sieben Tage verteilt. Er ist stets einer der Ersten im Spital – für seine Frau und die vier Kinder bleibt da wenig Zeit.

Othmar Schöb
Spitzenchirurg Othmar Schöb (rechts) zeigt vollen Einsatz: Er arbeitet 80 Stunden pro Woche an sieben Tagen.
Othmar Schöb
Um keine Zeit zu verlieren, isst er lediglich zwei Mandarinli und ein Joghurt zum Zmittag.
Laura Biondi
Ein solcher Arbeitsalltag ist unvorstellbar für junge Assistenzärztinnen und -ärzte. Ihnen wäre ein Teilzeit-Pensum lieber, meint die 26-jährige Laura Biondi.
Othmar Schöb
Schöb hat zwar Verständnis für den Wunsch nach einer 50-Stunden-Woche. Sagt aber: «Ein Spitzensportler trainiert auch mehr als ein Hobbysportler.»

Denn für seine Berufung rückt alles in den Hintergrund. Vier bis fünf Stunden Schlaf pro Nacht müssen reichen. Und zum Zmittag gibt es dann halt nur zwei Mandarinli und ein Joghurt. Solch eine Hingebung erwartet der Zürcher auch von den Medizin-Sprösslingen.

«Ein Spitzensportler trainiert auch mehr»

Die jüngere Generation, hingegen, malt sich die Zukunft im Spital mit mehr Freizeit aus. Deswegen müsse man Lösungen finden, meint etwa Assistenzärztin Laura Biondi. Sonst fehle es irgendwann an Nachwuchs. Sie selbst arbeitet 50 Stunden pro Woche. «Es ist eine Realität der heutigen Generation, dass wir uns vermehrt Teilzeitarbeit wünschen», so die 26-Jährige.

Dieser Wunsch stösst auf Unverständnis bei Schöb. Denn als Ärztin oder Arzt müsse man viel auf der Matte stehen. «Ein Spitzensportler trainiert auch mehr als ein Hobbysportler», so seine Devise.

Sollen Ärztinnen und Ärzte mehr als 42 Stunden pro Woche arbeiten?

Sein alter Studienkollege Martin Meuli stimmt ihm zu. Laut dem ehemaligen chirurgischen Direktor des Zürcher Kinderspitals brauchen Chirurginnen und Chirurgen viel Erfahrung. «Diese Erfahrung kommt nicht beim Spazierengehen oder beim Biken», so der 68-Jährige.

Dieser Generationenkonflikt könnte seine Folgen haben: Eine Umfrage ergab, dass ein Drittel der Medizinstudierenden schon nach den ersten Praxiserfahrungen über einen Berufswechsel nachdenkt. Denn Überstunden, Stress und fehlende Ruhezeiten machen dem Spital-Nachwuchs zu schaffen.

So erging es etwa auch der Assistenzärztin Rebekka Vermeer (32). In einem Tessiner Spital hielt sie es nur fünf Wochen aus. Teilweise habe sie auf 12 schwerkranke Patienten aufpassen müssen.

Auf Verständnis stiess sie aber nicht. «Es hiess, wenn ich mir eine 42-Stunden-Woche vorstelle, habe ich meinen Beruf verfehlt. Dann sei ich am falschen Ort.»

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