Zürcher Kunsthaus zieht Strafanzeige gegen Harald Naegeli zurück
Das Zürcher Kunsthaus hat die Strafanzeige gegen Harald Naegeli wegen der Graffiti an den Fassaden des Zürcher Kunsthaus zurückgezogen. Man habe die Lage neu beurteilt, teilte die Stiftung Zürcher Kunsthaus mit.
Das Wichtigste in Kürze
- «Im Rahmen dieser Beurteilung haben wir uns dazu entschieden, eine gewisse Toleranz zu üben und nicht einen 80-jährigen Mann noch mit einer Strafanzeige einzudecken», sagte Richard Hunziker, Präsident Stiftung Zürcher Kunsthaus, am Samstag gegenüber dem Lokalfernsehen TeleZüri.
Vergangene Woche liess die Stiftung Zürcher Kunsthaus, welche die Liegenschaften des Kunsthauses verwaltet, noch verlauten, man habe «die Sachbeschädigung angezeigt und die Sprayereien entfernen lassen».
Naegeli soll um den 20. April herum Graffiti an den Fassaden des Zürcher Kunsthaus angebracht haben. Er ist laut Kunsthaus auf den Videoaufnahmen einwandfrei identifiziert worden. Die Sprayereien sind mittlerweile entfernt worden.
Hängig ist noch eine Strafanzeige des Kantons Zürich gegen den Sprayer. Die Zürcher Baudirektion hat gegen Naegeli Strafanzeige wegen Sprayereien an einer Schule eingereicht, wie zunächst der «Tagesanzeiger» berichtete.
Der Kanton hält an der Anzeige fest. «Wir sind immer wieder mit Sprayereien konfrontiert und wir handeln überall gleich. Wenn jemand die Gebäude beschädigt, gibt es eine Strafanzeige», sagte Thomas Maag, Sprecher der Baudirektion Kanton Zürich, auch gegenüber TeleZüri. Die Gleichbehandlung sei oberstes Gebot.
Anders reagierte die Stadt Zürich. Sie will die Sache vorsichtig Angehen und entfernt die Graffiti vorerst nicht.
Harald Naegeli selber wollte nicht vor die Kamera treten, liess aber in einer Stellungnahme gegenüber mehreren Medien, darunter TeleZüri und «Sonntagsblick», ausrichten: «Strafanzeigen bedauere ich. Sie sind geistige Bankrotterklärungen von Menschen, die das Leben nicht begriffen haben.»
Der 80-jährige Harald Naegeli erlangte Ende der 1970er-Jahre Berühmtheit, als er nachts und anonym die sauberen Wände Zürichs mit 400 bis 600 langgliedrigen Strichfiguren bemalte.
Mit diesen Provokationen löste er einen Riesenwirbel aus und wurde gerichtlich verfolgt. 1981 verurteilte ihn das Zürcher Obergericht wegen Sachbeschädigung zu neun Monaten Gefängnis und einer saftigen Busse. Naegeli floh nach Deutschland und malte dort seine Graffitis. Aus dem «Sprayer von Zürich» wurde ein international bekannter Künstler.