Frontex-Referendum: Verantwortung übernehmen, Schengen stärken
In rund einem Monat stimmt die Schweiz über das Frontex-Referendum ab. Marc Rüdisüli, Präsident der Jungen Mitte Schweiz, argumentiert für ein Ja.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 15. Mai kommt das Frontex-Referendum vors Schweizer Volk.
- Weshalb es bei der Abstimmung um mehr als nur die EU-Aussengrenzen geht, erklärt Rüdisüli.
Wenn wir am 15. Mai über die Frontex-Vorlage abstimmen, handelt es sich dabei auf den ersten Blick nur um den Schutz der EU-Aussengrenzen. Für die Schweiz steht aber viel mehr auf dem Spiel.
Unterstützen wir die Aufstockung nicht, tritt der Schengen-Vertrag innert sechs Monaten automatisch ausser Kraft. Das tut definitiv mehr weh als der zusätzliche Beitrag an Frontex.
Im Rahmen von Schengen/Dublin haben wir in der Schweiz in vielerlei Hinsicht eine komfortable Ausgangslage: Wir reisen frei durch ganz Europa und leben – unter anderem dank der koordinierten Sicherheitspolitik mit der EU – in einem sehr sicheren Land. Die Tourismusdestinationen können unseren Gästen zudem eine unkomplizierte Einreise garantieren. Dadurch lohnt es sich, nach Paris und Rom noch kurz in Luzern, Zürich oder Interlaken vorbeizuschauen.
Mitreden und etwas bewirken
Das Frontex-Referendumskomitee kritisiert die prekäre Menschenrechtslage an den Aussengrenzen des Schengenraums und folgert daraus, dass die Grenzschutzagentur kein Geld mehr aus der Schweiz erhalten soll. Ich finde es absolut richtig und wichtig, dass wir genau hinschauen und dass die Grundrechte eingehalten werden müssen.
Ich frage mich jedoch: Werden die Bedingungen vor Ort besser, wenn die Schweiz sich nicht mehr beteiligt? Verschwinden Verletzungen gegen die Menschenrechte, sobald wir den Geldhahn zudrehen?
Leider ist das nicht der Fall. Lehnen wir die Vorlage ab, ist damit weder den Flüchtlingen geholfen, noch kann die Schweiz auf Verbesserungen an den Aussengrenzen hinarbeiten. Denn auch ohne die Mitwirkung der Schweiz wird es Frontex weiterhin geben. Die Schweiz stiehlt sich mit einem Nein aus der Verantwortung.
Als assoziiertes Schengenmitglied sind wir im Verwaltungsrat von Frontex vertreten und haben Mitspracherechte. So können wir aktiv etwas bewirken – beispielsweise darauf pochen, dass die Grundrechte auch an der Grenze stets gewahrt sind.
Mit der Reform von Frontex, für die das zusätzliche Geld gebraucht wird, wird die Kontrolle ausgebaut und damit die Grundrechte gestärkt. So erhält unter anderem die oder der Grundrechtsbeauftragte neu 40 Grundrechtsbeobachter/-innen. Diese beaufsichtigen die Aktivitäten vor Ort, um allfällige Verstösse festzustellen.
Bei Verletzungen der Grundrechte leiten sie Massnahmen ein. Auch die Schweiz stellt zusätzlich zwei Expertinnen in diesem Bereich. Nur so behalten wir die Kontrolle darüber, was an den Aussengrenzen vorfällt und können auf die Geschehnisse Einfluss nehmen.
Wenn wir aus Frontex und damit Schengen aussteigen, sind wir nur noch in der machtlosen Beobachterrolle. Das ist definitiv keine Lösung. Auch wir müssen Verantwortung übernehmen und unseren Beitrag zur Verbesserung der Situation leisten.
Eine blinde, handlungsunfähige Polizei?
Bei einem Nein zu Frontex fliegt die Schweiz in hohem Bogen aus dem Schengen Abkommen. Was sich dabei viele nicht bewusst sind, ist die Tatsache, dass unsere Polizei auf allen Stufen auf diesen Vertrag angewiesen ist.
Das Schengener Informationssystem liefert unseren Fahndungsbehörden jährlich rund 20'000 Treffer. Das heisst im Klartext: Dank der internationalen Zusammenarbeit finden wir Kriminelle in der Schweiz – sei es bei Kindesentführungen, im Rahmen von terroristischen Aktivitäten oder illegaler Einwanderung. Gleichzeitig gehen gesuchte Personen im Ausland ins Netz, die Schweizer Behörden zur Fahndung ausschreiben.
Ohne diese Datenbanken haben wir eine blinde, handlungsunfähige Polizei. Es ist klar: Das geht nicht. Unsere Behörden brauchen die internationale Zusammenarbeit und wir Schweizerinnen und Schweizer müssen uns auf den gewohnten Schutz und eine anhaltende Sicherheit verlassen können. Nur schon aus diesem Grund sollten wir uns an der Urne klar für Frontex aussprechen.
Anhand der Tragweite, die dieser Entscheid für Schengen hat, ist für mich ein Ja zu Frontex die einzig logische Folgerung. Es ist nicht nur ein Ja für einen angemessenen Grenzschutz und eine humanitäre Flüchtlingspolitik, sondern eben auch ein klares Ja zu Schengen.
Alle, die glauben, die EU werde dann schon ein Auge zudrücken, sind meiner Meinung nach blauäugig. Bei solchen wichtigen Fragen sollten wir keine leichtfertigen Spielchen betreiben. Die Junge Mitte Schweiz sagt am 15. Mai klar Ja zu Schengen/Frontex.
Zum Autor: Marc Rüdisüli ist 23 Jahre alt und Präsident von Die Junge Mitte Schweiz.