Interpharma-Boss Buholzer über Versorgungssicherheit
Viele Menschen sorgen sich um die Versorgungssicherheit mit Medikamenten. Was kann man unternehmen? Ein Gastbeitrag von Dr. René Buholzer, CEO von Interpharma.

Das Wichtigste in Kürze
- Dr. René Buholzer ist Geschäftsführer und CEO von Interpharma.
- Die Versorgungssicherheit mit patentgeschützten Medikamenten sei jederzeit gewährleistet.
- Die Produktion könne in der Schweiz gehalten werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Letzte Woche ist das neuste Sorgenbarometer erschienen. Die Ausgabe 2020 unterstreicht die Bedeutung, welche die Bürgerinnen und Bürger der Sicherheit der Arzneimittelversorgung beimessen. Dies ist nicht neu, aber die derzeitige Pandemie hat das Thema noch stärker in das öffentliche Bewusstsein gebracht.
Versorgungssicherheit trotzt Krise
Trotz der aussergewöhnlichen Umstände war in der Schweiz die Versorgungssicherheit mit patentgeschützten Medikamenten jederzeit gewährleistet, obwohl viele Pharmaunternehmen im März dieses Jahres bei bestimmten Produkten eine stark erhöhte Nachfrage bewältigen mussten.
Während der Bundesrat im Frühling gewisse rezeptfreie Medikamente wie Schmerzmittel rationieren musste, war die Versorgung mit patentgeschützten Arzneimitteln in der Schweiz nicht in Gefahr.

Dies gelang, weil die Firmen bestrebt sind, eine Mehrfachversorgung mit Rohstoffen, Präparaten und Fertigprodukten nach geografischer Herkunft und Lieferanten sicherzustellen.
Die Pharmafirmen haben bewiesen, dass sie in Krisenzeiten komplexe globale Lieferketten aufrechterhalten und auf eine extrem stark steigende Nachfrage rasch reagieren können.
Dies zeigt, dass eine differenzierte Analyse notwendig ist, um die richtigen Schlussfolgerungen bezüglich Versorgungssicherheit aus der Krise zu ziehen. So könnten beispielsweise zunehmende Lageranforderungen in der gesamten Lieferkette (einschliesslich Grossisten und Krankenhäuser) in Betracht gezogen werden.

Eine andere Option wäre es, den grenzüberschreitenden Handel im Krisenfall durch spezielle Abkommen sicherzustellen.
Schweizer Exporte nicht gefährden
9.3 Prozent des Schweizer BIP wird durch die Pharmaindustrie erwirtschaftet. Die Pharmaindustrie ist darüber hinaus für 41 Prozent aller Schweizer Exporte verantwortlich. Diese Exporte bringen 88.3 Milliarden Franken ein – verglichen mit der Grösse des Inlandmarktes von 3.8 Milliarden Franken ist diese Zahl enorm gross und zeigt die Wichtigkeit der Exporttätigkeit der Pharmaunternehmen für den Schweizer Produktionsstandort.
Entsprechend kann die Produktion in der Schweiz langfristig nur sichergestellt werden, wenn die Unternehmen gute Rahmenbedingungen vorfinden und ungehindert exportieren können.
Keinem Irrglauben folgen
Es ist falsch, zu behaupten, alle lebensrettenden Medikamente könnten in der Schweiz hergestellt werden. Kein Land ist selbstversorgend. Es können nicht alle für Arzneimittel benötigte Rohstoffe innerhalb der eigenen Grenzen beschaffen werden.

Dazu braucht es internationale Versorgungsketten und deshalb ist der freie Warenverkehr für die Medikamentenherstellung unverzichtbar.
Ein starker Forschungs- und Entwicklungsstandort sowie Produktionsstandort ist daher der beste Weg, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Dass Gesundheitskrisen durch die Verstaatlichung der pharmazeutischen Produktion gelöst werden könnten, ist ein Irrglauben – dies würde im Gegenteil die Krisenresistenz unseres Gesundheitssystems in Gefahr bringen.