Muslima erzählt: So hart ist es in der Schweiz, Kopftuch zu tragen
Integration hin oder her – ein Kopftuch polarisiert in der Schweiz wie kein anderes Kleidungsstück. Shaha, 25, erzählt von ihren Erfahrungen.

Das Wichtigste in Kürze
- Shaha Meta ist seit acht Jahren in der Schweiz und kommt ursprünglich aus den Philippinen.
- Sie trägt ein Kopftuch und ist dadurch mit vielen negativen Vorurteilen konfrontiert.
- Auf Nau.ch erzählt sie, wie sie den Alltag als Kopftuchträgerin in der Schweiz erlebt.
«Die am wenigsten respektierte Person in Dänemark ist die muslimische, kopftuchtragende Frau», schreibt Mary C. Magambe, eine Feministin aus Dänemark, in einem Post auf Instagram.
Zwar hat sie damit die Situation in Dänemark beschrieben. Doch als in der Schweiz lebende Muslima kann ich dem nur stark zustimmen – und dies beunruhigt mich in einem freien, westlichen Land sehr.

Es stimmt mich traurig, zugeben zu müssen, dass mein Kopftuch, welches ich eigentlich mit Stolz tragen sollte, mir den Weg in der Schweiz enorm erschwert.
Sei es bei der Arbeitssuche, beim Einkaufen oder am Flughafen an einem Check-in: Probleme treten bei jeder möglichen Situation auf und machen den Alltag zu einem ungewohnten Krampf.
Integrationsbemühungen werden nicht gesehen
Schon bei der Ankunft aus den Philippinen in der Schweiz wehte mir ein ungewohnter Wind ins Gesicht.
Die Blicke am Flughafen auf dem Weg zum Heimatort meines Mannes, aber auch später beim Einkaufen: Immer wieder wurde geflüstert, mit dem Finger gezeigt oder ich wurde abschätzig angeschaut.
Ich musste als verhüllte Muslima jeden Tag aufs Neue beweisen, dass ich keine Extremistin bin. Ich musste immer wieder mehr dafür tun, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden.
Dies hat sich bis heute nicht geändert.

Als ich begann, eine Arbeit in meinem Beruf als Make-up-Artistin zu suchen, erhielt ich nur Absagen. Ich erhielt kaum Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch.
Kam es zu einem Gespräch, wurde mir nahegelegt, bei der Arbeit kein Kopftuch anzuziehen. Es könnte Kunden abschrecken.
Dies hatte ich auch schon von näheren Bekannten gehört. Einige haben dies sogar getan, denn sie mussten die Familie über die Runde bringen.
In meinen acht Jahren in der Schweiz habe ich bis jetzt noch nie eine Muslima in einer hohen Position gesehen. Es waren meist Berufe im unteren Segment.
Sogar im Integrationskurs, wo ich die Hoffnung hatte, eher akzeptiert zu werden, war ich wieder ein fremdes Glied in der Kette. Hier wurde mir klargemacht, dass es schwierig sein wird für mich in der Schweiz.

Deutsch hatte mir zu Beginn Mühe bereitet. Mit der Zeit ging es besser. Ich konnte mich sprachlich ausdrücken und an die Schweizer Gewohnheiten anpassen.
Alle diese Bemühungen hatten jedoch kein Gewicht im Vergleich zu meinem Kopftuch. Immer noch war ich die Ausländerin, welche sich «nicht anpassen» will.
Steigendes Misstrauen in der Schweiz
Plakate mit verhüllten Frauen als Feind oder Minarette, die wie Raketen in die Luft schiessen – dies sind nur einige sehr plakative Beispiele, wie die Schweiz zum Islam steht.
Diskussionen, in welchen man Frauen vorschreiben will, wie sich diese zu kleiden haben oder nicht, sind Themen, welche mich in Angst versetzen. Das Kopftuch zu tragen, war meine alleinige Entscheidung – eine, die ich nie bereut habe.
Das steigende Misstrauen in der Gesellschaft gegenüber genau diesem Kopftuch versetzt mich in eine ungewohnte Situation.
Die Situation in der Schweiz, in Frankreich, Schweden, Norwegen, aber auch in vielen anderen Nicht-EU-Ländern ist besorgniserregend. Die politische Entwicklung und der geschürte Hass sprengen jegliche logische Grenzen.
Ich fühle mich unsicher.
Jegliche Aussage von mir wird aufs Schärfste verurteilt und führt zu Kommentaren wie «Geh´ wieder in dein Land zurück, wenn es dir nicht passt».
In welches Land soll ich denn zurück, wenn ich mich mit der Schweiz verbunden fühle, mich weitgehend integriert habe und meine Familie hier lebt? Wo sind all die Freiheiten, welche in der Schweiz so angepriesen werden?
Ich, Muslima in der Schweiz, vermisse diese.

Über die Autorin: Shaha Meta kam vor acht Jahren aus den Philippinen in die Schweiz. Auf Instagram setzt sie sich für die Stärkung von Frauen untereinander ein. Die gelernte Make-up-Artistin wirbt für «Modest Fashion».