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Nachhaltige Ernährung: Keine Frage der Transportwege!

Sentience Politics
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Zürich,

Lebensmittel sind nicht gleich nachhaltig, nur weil sie regional produziert werden. Ein Sentience-Politics-Gastbeitrag.

Nachhaltige Ernährung
Im neuesten Sentience-Politics-Gastbeitrag geht es um nachhaltige Ernährung. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Essen hat einen erheblichen Einfluss auf den CO2-Fussabdruck.
  • Der Fokus auf Regionales sei dabei nicht entscheidend für eine «nachhaltige Ernährung».
  • Ein Gastbeitrag von Silvano Lieger, Geschäftsführer von Sentience Politics.

«Nachhaltige Ernährung»: Was bedeutet das eigentlich? Fast alle scheinen eine Meinung dazu zu haben. Aber was sagt die Wissenschaft? Worauf sollte man beim Einkauf wirklich achten, wenn einem Nachhaltigkeit und Klima am Herzen liegen?

Eines ist klar: Das Essen auf unseren Tellern hat einen erheblichen Einfluss auf unseren CO2-Fussabdruck. Bis zu 23 Prozent der Treibhausgas-Emissionen und 30 Prozent der Umwelteinflüsse, die durch die Schweizer Bevölkerung verursacht werden, stammen aus der Ernährung.

Der Evergreen: Regionalität über alles!

Eine naheliegende Empfehlung ist der Fokus auf eine möglichst regionale Ernährung. Selbst die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) spricht sich öffentlich dafür aus. Und obwohl es intuitiv Sinn macht – schliesslich führt der Transport der Nahrungsmittel zu Emissionen – handelt es sich hierbei um einen fehlgeleiteten Ratschlag, der nicht sämtliche Variablen berücksichtigt.

Nachhaltige Ernährung
Beim Fokus auf eine regionale Ernährung handle es sich um einen fehlgeleiteten Ratschlag. - Keystone

Den grössten Einfluss hat nicht die Herkunft der Lebensmittel – ausser sie werden eingeflogen –, sondern ob es sich um Tierprodukte oder pflanzliche Produkte handelt. Denn: Knapp 85 Prozent der durch die Ernährung verursachten Emissionen können der Tierproduktion (inklusive Futterbau) zugeschrieben werden.

Pflanzen essen ist besser fürs Klima

Der Schweizer Wissenschaftler Thomas Nemecek hat sich Daten von 38’700 profitablen landwirtschaftlichen Betrieben und 1’600 Verarbeitern, Verpackern und Händlern in 119 Ländern angeschaut. Diese decken gemeinsam 40 Produkte ab, welche 90 Prozent der weltweiten Protein- und Kalorienaufnahme ausmachen. Die britische Tageszeitung «The Guardian» bezeichnete seine Studie nach ihrer Veröffentlichung als die «bisher umfassendste Analyse der Schäden, die die Landwirtschaft dem Planeten zufügt».

Die Studie bringt zwei wichtige Erkenntnisse: Erstens gibt es massive Unterschiede bei den Treibhausgas-Emissionen verschiedener Lebensmittel. Und zweitens haben Tierprodukte einen insgesamt signifikant höheren Fussabdruck als pflanzliche.

fleisch
Die Fleischproduktion belastet die Umwelt. - Keystone

Bei der Produktion eines Kilogramms Rindfleisch werden durchschnittlich beispielsweise 60 Kilogramm Treibhausgase (CO2-Äquivalente) emittiert, während es bei Erbsen nur 1 Kilogramm ist. Lamm und Käse emittieren beide mehr als 20 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm. Geflügel und Schweinefleisch haben geringere Fussabdrücke, sind aber mit 6 bzw. 7 Kilogramm CO2-Äquivalenten immer noch schädlicher als die allermeisten pflanzlichen Lebensmittel.

Wo entstehen die Emissionen?

Bei den meisten Lebensmitteln – und insbesondere bei der Fleischproduktion – resultiert ein Grossteil der Emissionen aus Landnutzungsänderungen und aus Prozessen in der Landwirtschaft. Zu diesen Emissionen gehören beispielsweise das Düngen der Felder und die sogenannte «enterische Fermentation», welche die Produktion von Methan in den Mägen von Rindern beschreibt. Zusammengenommen machen Landnutzung und Emissionen in der Landwirtschaft mehr als 80 Prozent des Fussabdrucks der meisten Lebensmittel aus.

Niedersachsen verschärft Düngeregeln
Ein Landwirt bringt Gülle als Dünger auf einem Feld aus. - dpa

Und auch wenn uns die gegenteilige Botschaft immer wieder erreicht: Transportemissionen machen nur einen sehr geringen Prozentsatz der Gesamtemissionen von Lebensmitteln aus – weltweit gerade mal 6 Prozent. Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass viele Lebensmittel per Flugzeug transportiert werden, was tatsächlich einen grossen Einfluss auf die Emissionen hätte. Das ist aber nur sehr selten der Fall: Nur 0,16 Prozent der gesamten Transportdistanz weltweiter Lebensmittel wird per Flugzeug zurückgelegt. Bei den meisten Lebensmitteln trägt der Transport deshalb nur sehr wenig zu ihren Gesamtemissionen bei, bei Rindfleisch aus Rinderherden sind es beispielsweise gerade mal 0,5 Prozent.

Manchmal ist lokale Produktion sogar schlechter für die Umwelt

Es gibt eine Reihe von Beispielen, bei denen der Verzehr lokaler Produkte sogar zu höheren Emissionen führen kann. Das hat damit zu tun, dass viele Lebensmittel nur zu bestimmten Zeiten im Jahr angebaut und geerntet werden können, Konsumenten sich mittlerweile aber an die ganzjährliche Verfügbarkeit verschiedener Produkte gewöhnt haben.

Energieintensive Produktionsmethoden wie Gewächshäuser, die dazu dienen, gewisse Lebensmittel ganzjährig zu produzieren oder komplexe Kühlsysteme, um sie für mehrere Monate zu lagern, sind zwei Beispiele für wenig nachhaltige Lösungen. In beiden Fällen ist es oftmals so, dass der Import eines Produktes, das in einem anderen Land gerade Saison hat, einen geringeren Fussabdruck mit sich bringt.

Was muss sich ändern?

Wenn wir also wirklich nachhaltiges und umweltverträgliches Essen konsumieren möchten, dann sollten wir uns möglichst pflanzlich ernähren – und das war selten einfacher als heute. Das Angebot an pflanzlichen Produkten in Supermärkten ist inzwischen sehr gross. Neben dem klassischen Gemüse- und Früchteangebot gibt es auch Kekse, Nudeln, Fertigprodukte, Snacks, Joghurt und vieles mehr. Überall wird das Angebot auch stetig ausgebaut, insbesondere bei den Fleisch- und Milchproduktalternativen.

Ernähren Sie sich hauptsächlich pflanzlich?

Und dennoch ist es mit individuellen Verhaltensanpassungen nicht getan. Ein wirklich nachhaltiges Ernährungssystem braucht systemische und institutionelle Veränderungen. Wenn wir als Schweiz die Umweltziele der Agenda 2030 einhalten möchten, ist es deshalb auch Aufgabe des Bundes, angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen, die es der Schweizer Bevölkerung so einfach wie möglich machen, mit ihren Kaufentscheidungen etwas Gutes für Tiere, Umwelt und die eigene Gesundheit zu tun.

Zum Autor: Silvano Lieger ist Geschäftsleiter von Sentience Politics.

Silvano Lieger.
Silvano Lieger, Geschäftsleiter Sentience Politics. - zVg

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