Natalie Imboden (Grüne/BE): Zeit für mehr Demokratie!

Natalie Imboden
Natalie Imboden

Bern,

Im Gastbeitrag erklärt Natalie Imboden die Argumente für die «Demokratie-Initiative». Die Grüne ist überzeugt: Die Hürden zur Einbürgerung seien zu hoch.

SDS Natalie Imboden «Demokratie-Initiative»
Im Gastbeitrag erklärt Natalie Imboden, weshalb die Schweiz ein Demokratie-Update brauche: Sie fordert tiefere Hürden für die Einbürgerung und unterstützt die «Demokratie-Initiative». - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Gastbeitrag erklärt Natalie Imboden, weshalb die Hürden zur Einbürgerung zu hoch seien.
  • Die Grünen-Nationalrätin erläutert ihre Argumente für die «Demokratie-Initiative».
  • «Wer hier lebt, soll ein Recht auf Einbürgerung haben, und zwar mit objektiven Kriterien.»

Im Jahr 2023 feiert die schweizerische Bundesverfassung ihren 175. Geburtstag. 1848 war die Geburtsstunde der modernen Schweiz, wobei damals nur die halbe Schweiz, nämlich die Männer, mitbestimmen konnten und zu Beginn auch Arme oder Nichtchristen von den politischen Rechten ausgeschlossen waren.

Mit der Zeit wurden die politischen Rechte ausgeweitet und gelten seit 1971 auch für die Frauen. 1991 wurde das Stimmrechtsalter von 20 auf 18 Jahre gesenkt. Die Demokratie in der Schweiz hat sich also im Laufe der Zeit gewandelt und mehr und mehr Menschen eingeschlossen.

Giacometti-Initiative Referendumsrecht Abstimmungen
Die Schweiz in einem Bild: Die hiesige Stimmbevölkerung hat mehr demokratische Mitspracherechte als Menschen in anderen Demokratien. (Symbolbild) - keystone

Hingegen ist heute in der Schweiz rund ein Viertel der Bevölkerung von den politischen Rechten ausgeschlossen, nämlich jene Menschen ohne Schweizer Pass. Obwohl diese Menschen häufig seit Jahrzehnten in der Schweiz arbeiten, wohnen und Steuern bezahlen. Nach wie vor ist es in der Schweiz europaweit sehr schwer, eingebürgert zu werden.

Hohe Hürden bei der Einbürgerung

Das heutige Einbürgerungsverfahren ist komplex, je nach den Regeln in den 2200 Gemeinden unterschiedlich und für die Einbürgerungswilligen auch teuer. Teilweise gibt es auch willkürliche Entscheide. Die Hürden bei Einbürgerungen sind damit hoch.

So gilt zwar seit 2018 die erleichterte Einbürgerung für Ausländerinnen und Ausländer, die in der dritten Generation in der Schweiz leben. Wie eine Studie zeigt, haben sich von rund 25'000 Berechtigten aus der dritten Generation nur gerade 1800 Menschen einbürgern lassen.

Abstimmungsplakat Erleichterte Einbürgerung
Ein Abstimmungsplakat gegen die «Erleichterte Einbürgerung für junge Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation», aufgenommen im Januar 2017. (Symbolbild) - keystone

Der Grund: Die Hürden sind selbst für das erleichterte Verfahren zu bürokratisch. So müssen beispielsweise die Grosseltern Belege für ihren früheren Aufenthaltsstatus vorlegen, die in der Praxis kaum zu beschaffen sind. Dabei sind Jugendliche der dritten Generation hier in der Schweiz geboren, gehen hier zur Schule, machen Ausbildungen und arbeiten. Sie sind Einheimische – aber ohne Schweizer Pass.

Es braucht ein Demokratie-Update

Es ist für eine Gesellschaft und besonders für unsere direkte Demokratie unbefriedigend, wenn so viele Menschen von der Mitbestimmung ausgeschlossen sind. Es ist höchste Zeit für ein Demokratie-Update: Wer hier lebt, soll ein Recht auf Einbürgerung haben, und zwar mit objektiven Kriterien.

SDS «Demokratie-Initiative»
Ein neuer Schweizer Pass liegt auf einem Tisch. Die Demokratie-Initiative möchte die Hürden zur Einbürgerung vereinheitlichen und senken. (Symbolbild) - keystone

Die Voraussetzungen für den Erhalt des Bürgerrechts sollen neu abschliessend formuliert werden und schweizweit gelten. Mit der neu lancierten eidgenössischen Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» soll die Bundesverfassung geändert werden.

Ausländerinnen und Ausländer sollen neu einen Anspruch auf Erteilung des Bürgerrechts auf Gesuch erhalten, wenn sie sich länger als fünf Jahre rechtmässig in der Schweiz aufhalten, sie sich im Alltag in einer Landessprache verständigen können, keine Verurteilung zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe vorliegt und sie die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährden. Diese Kriterien sind objektiv und messbar.

Soll die Schweiz die Einbürgerungsregeln lockern?

Politische Partizipation zählt zu den Grundpfeilern der Demokratie, insbesondere in der Schweiz mit unserer direkten Demokratie: Wer dauerhaft in der Schweiz lebt, soll mitbestimmen können, sei es über die Altersvorsorge, den Klimaschutz oder den Bau eines neuen Schulhauses. Die «Demokratie-Initiative» ist ein wichtiger Schritt für mehr Demokratie in der Schweiz.

Initiativtext und weiterführende Informationen

Tipp: Noch bis zum 25. Juni 2023 ist in der Stadt Biel (Neues Museum Biel) die Ausstellung «Wir, die Saisonniers …» zu sehen, welche die Geschichte der Ausländerpolitik und der Arbeitsmigration von 1931 bis 2022 eindrücklich aufzeigt. (Weitere Informationen finden Interessierte unter «nmbiel.ch/index.php?lang=de&id=4&eid=91»).

Art. 38 Bundesverfassung (neu)

2. Er [der Bund] erlässt Vorschriften über die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern. Anspruch auf Erteilung des Bürgerrechts auf Gesuch hin haben Ausländerinnen und Ausländer, die:

a. sich seit fünf Jahren rechtmässig in der Schweiz aufhalten; b. nicht zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sind; c. die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährden; und d. Grundkenntnisse einer Landessprache haben.

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