Operation Libero: Warum es die Demokratie-Initiative braucht
Stefan Manser-Egli ist Co-Präsident von Operation Libero. Im Gastbeitrag erklärt er, warum es die vor einem Jahr lancierte Demokratie-Initiative braucht.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Demokratie-Initiative der Aktion Vierviertel wurde am 23. Mai 2023 lanciert.
- Sie fordert weniger Willkür und mehr objektive Kriterien beim Einbürgerungsverfahren.
- Ein Viertel der Schweizer Bevölkerung sei aktuell von der Demokratie ausgeschlossen.
Heute vor einem Jahr wurde die Demokratie-Initiative lanciert. Sie will die Willkür im Einbürgerungsverfahren abschaffen und den Weg für ein modernes Bürgerrecht ebnen.
Rund 75'000 Unterschriften sind bereits gesammelt. Es bleibt ein halbes Jahr, um die Initiative über die Ziellinie zu bringen. Hier die wichtigsten Gründe, warum es höchste Zeit ist.
Demokratie-Initiative will die Demokratie weiterentwickeln
Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt: Der moderne Schweizer Bundesstaat ging vor 175 Jahren aus der einzigen erfolgreichen liberalen Revolution in Europa hervor. Die liberalen Revolutionen richteten sich gegen die feudale Ständegesellschaft und die Monarchie – kurz: gegen auf Abstammung basierende Privilegien.
Doch auch der moderne Bundesstaat nach 1848 war noch von zahlreichen politischen Ausschlüssen geprägt: von sogenannten Armengenössigen, von Juden, von Frauen. Und auch heute noch schliessen wir ein Viertel der Bevölkerung von der Staatsbürgerschaft und damit von gleichen politischen Rechten aus.
Die Demokratie-Initiative ist deshalb nichts anderes als ein weiterer wichtiger, überfälliger Schritt hin zu mehr Demokratie. Damit urliberale Leitsprüche wie «no taxation without representation» und «one person, one vote» nicht leere Worthülsen bleiben, müssen wir unsere Demokratie pflegen und weiterentwickeln. Alle, die hier leben, lieben, arbeiten und zum gesellschaftlichen Leben beitragen, sollen mitbestimmen können – auf Augenhöhe.
Das Einbürgerungsverfahren muss einheitliche und objektive Kriterien bieten
Machen wir uns nichts vor. Vermutlich wird dieser Ausbau der Demokratie nicht beim ersten Anlauf gelingen. Doch das sollte uns nicht davon abhalten, auf dem Versprechen der liberalen Demokratie zu beharren.
Auch das Frauenstimmrecht und die AHV brauchten mehrere Anläufe, bis sie sich schliesslich durchsetzten. Beim Schweizer Bürgerrecht kommt eine zusätzliche Hürde hinzu: Viele Menschen haben das Gefühl, es sei ihr Verdienst oder ihr Schicksal, hier in der Schweiz geboren zu sein und das Schweizer Bürgerrecht zu haben – und nicht etwa ein glücklicher Zufall.
Die Demokratie-Initiative verlangt einheitliche und objektive Kriterien für die Einbürgerung. Wer seit fünf Jahren hier lebt, nicht grob straffällig geworden ist und Grundkenntnisse einer Landessprache hat, soll sich einbürgern lassen können.
Es ist vollkommen absurd und eines Rechtsstaats unwürdig, Menschen die vollwertige Teilhabe an unserer Demokratie zu verweigern, weil sie am Sonntag den Rasen mähen, ein Töffli frisiert haben oder nicht wissen, mit wem der Bär im Tierpark sein Gehege teilt. Solche Schikane und Willkür im Schweizer Einbürgerungsverfahren sind keine Einzelfälle – sie haben System.
Ein Viertel der Bevölkerung ist von der Demokratie ausgeschlossen
Solange die Schweiz ein Viertel der Bevölkerung von der Demokratie ausschliesst, wird sie ihrem Selbstverständnis und ihrem Anspruch als Vorzeigedemokratie nicht gerecht. Die Demokratie-Initiative will die Schweiz diesem Anspruch etwas näher bringen. So wie das die liberale Revolution von 1848 getan hat. Auch wenn der Weg lang und steinig ist.
PS: Der Bär wohnt mit dem Wolf im Gehege.
Zum Autor: Stefan Manser-Egli ist Co-Präsident von Operation Libero und Mitinitiant der Demokratie-Initiative.