Massnahmen gegen die Stagnation im öffentlichen Verkehr gefordert
«Der Kluge reist im Zuge», heisst es. Allerdings stagniert der ÖV-Anteil seit Jahren. Das soll sich jetzt ändern.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Verbände des öffentlichen Verkehrs haben untersucht, wer wann und wo den ÖV nutzt.
- Nun werden Massnahmen gefordert, die den ÖV-Anteil wieder ansteigen lassen.
Flächendeckende Versorgung bis in die entlegensten Ortschaften, ausgeklügelte Fahrpläne und moderne Bahnhöfe sowie Infrastruktur. Das ÖV-Angebot der Schweiz hat internationalen Vorbildcharakter.
Trotzdem, die Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen: Am gesamten Personenverkehrsaufkommen gemessen, stagniert der Anteil des öffentlichen Verkehrs seit 2005. Nur jeder Fünfte wählt den ÖV, knapp 74 Prozent reisen individuell.
An was das liegen könnte, wollte die Litra (Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr) genauer wissen. Zusammen mit dem ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) und der VöV (Verband öffentlicher Verkehr). In einer ausführlichen Studie haben sie die Rolle der einzelnen Verkehrsmittel unter die Lupe genommen.
Tiefer Nutzungsanteil in ländlichen Gebieten
Einen speziellen Fokus legte die Studie auf regionale und zeitliche Unterschiede bei der ÖV-Nutzung. Diese sind zum Teil beträchtlich.
Öffentliche Verkehrsmittel werden in dicht besiedelten Agglomerationen deutlich reger genutzt als in in ländlichen Gebieten. Namentlich ist der Nutzungsanteil mit über 20 Prozent im «goldenen Dreieck» zwischen Basel, Bern und Zürich besonders hoch. In Graubünden, der Zentralschweiz, im Wallis, Tessin und in der Westschweiz ist man lieber mit dem Auto unterwegs.
Röstigraben macht sich im ÖV-Nutzungsverhalten bemerkbar
Betreffend Wahl der Verkehrsmittel spielen auch die Mentalität und sonstigen Vorlieben der Nutzer eine Rolle. In der Studie zeigt sich dies im Direktvergleich der beiden Gebiete Oberes Baselbiet und Gros-de-Vaud bei Lausanne.
Obwohl es im französichsprachigen Gebieten ein ähnlich gutes Angebot gebe, wird im deutschsprachigen Raum der ÖV wesentlich stärker genutzt. Während im Oberen Baselbiet der Nutzungsanteil 14,5 Prozent beträgt, liegt dieser im Gros-de-Vaud lediglich bei sechs Prozent.
«Man kann nicht nur von einem Röstigraben reden», hält Martin Candinas, Präsident von Litra fest. Die Präferenzen der Bevölkerung hätten auch mit der Entwicklung der öffentlichen Verkehrsmitteln zu tun.
Candinas nimmt auch die Gemeinden in die Pflicht. «Auch sie müssen sich darum bemühen, dass die Leute die öffentlichen Verkehrsmittel stärker nutzen.» Das bringe schlussendlich allen etwas. Die Strassen würden entlastet und das komme auch dem Klima zu Gute.
Aus der Studie leiten die Verkehrsverbände nun Forderungen für die Erhöhung des ÖV-Anteils ab. Unter anderem sollen eine «gute Koordination von Raum- und Verkehrsplanung», sowie die Stärkung des Verkehrs in der Freizeitmobilität helfen. Bei letzteren ist laut der Verbände auch die Tourismusbranche gefordert.
Unter dem Strich wollen Litra und VÖV, dass der ÖV-Anteil die Ziele der Verkehrsperspektiven des Bundes bis 2040 übertrifft. Dieses Szenario würde ein Wachstum des ÖV-Anteils auf 23 Prozent vorsehen.