Tierquälerei im Namen der Schönheit?
Bestnoten werden an Viehausstellungen noch immer über das Tierwohl gestellt. Eine Motion will dem Verkleben der Zitzen nun endgültig den Riegel vorschieben.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Motion «Zitzenverschliessverbot» will den Schönheitswahn an Viehausstellungen stoppen.
- Für ein pralles Euter verkleben manche Züchter ihren Kühen die Zitzen mit Klebstoff.
- Diese Praktik ist laut Grünen-Nationalrätin Irène Kälin für die Kühe eine Qual.
Das Fell soll glänzen, die Grösse stimmen, das Euter prall gefüllt sein und die Zitzen eine optimale Form aufweisen. Nur so können die Besitzer von Berta, Frieda, Rösli und Co. an der Viehausstellung auf Bestnoten hoffen.
In Sachen «Schönheitskriterien» bei Kühen, wird vor allem eines seit Jahren immer wieder zum Thema: Das Euter. Gross, prall, und glatt rasiert soll es sein. «Durch dieses Erscheinungsbild wird eine hohe Leistung der Kuh suggeriert», erklärt Tierärztin Julika Fitzi.
Zitzen verkleben, damit Milch nicht ausläuft
Um die bestmögliche Bewertung zu erhalten, kommt es immer wieder vor, dass Viehzüchter ihre Tiere über viele Stunden nicht melken. Vor der Präsentation der Kuh werden die Zitzen zugeklebt, um den Milchausfluss zu verhindern.
«Das Euter sieht dann knallhart aus. Wie ein Stein liegt es zwischen den Beinen der Kuh», erklärt Julika Fitzi. Für die Kuh sei dies eine äusserst schmerzhafte Situation. «Sie nimmt dann einen sehr breitbeinigen Gang an, um das Euter ja nicht zu berühren. Es wird viel gemuht.»
Nationalrat befindet über «Zitzenverschliessverbot»
Gemeinsam mit dem Schweizer Tierschutz STS hat die Grüne Nationalrätin Irène Kälin heute Dienstag in Bern zum Mediengespräch geladen. Morgen wird für sie ein wichtiger Tag. Der Nationalrat befindet über Ihre Motion «Zitzenverschliessverbot – für mehr Tierwohl an Viehschauen».
«Ich weiss, wenn man die Wörter so nacheinander hört, könnte man meinen, man sei im falschen Film. Tatsächlich handelt es sich aber um ein ernstes und wichtiges Thema», sagt Kälin. Leider gebe es an Viehschauen immer wieder Züchter, die das Tierwohl einfach nicht respektieren wollen. Für die betroffenen Tiere sei das eine grosse Qual.
Faire Wettbewerbsbedingungen an Viehausstellungen
«Die Branche hatte genug Zeit, um das Problem in den Griff zu bekommen», so Kälin. Nun müsse die Politik handeln. «Wenn man die Preise nur durch ein noch pralleres Euter gewinnen kann, entsteht bei den Züchtern ein gewisser Druck.»
Deshalb würden manche Viehzüchter, denen das Tierwohl am Herzen liege, gar nicht mehr an solchen Ausstellungen teilnehmen. «Das ist schade, denn eigentlich ist das eine wichtige Schweizer Tradition.»
Laut Kälin brauche es daher das «Zitzenverschliessverbot», um wieder faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und den Ruf der Branche zu retten.