Bauern sollen Ferkel für Kastration künftig selbst betäuben dürfen
Bei der chirurgischen Kastration von Ferkeln sollen Bauern die Tiere künftig selbst betäuben dürfen.

Das Wichtigste in Kürze
- Scharfe Kritik von Tierschützern und den Grünen.
Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin eine Verordnung des Landwirtschaftsministeriums von Julia Klöckner (CDU), nach der die Verwendung des Narkosemittels Isofluran künftig auch durch die Landwirte oder andere «sachkundige Personen» erlaubt sein soll. Bislang ist dies Tierärzten vorbehalten. Heftige Kritik kam von den Grünen, Tierschützer warnten vor einem Leid der Tiere.
Die Verordnung zielt darauf ab, für Betriebe eine «praxisreife Alternative» zur betäubungslosen Kastration von Ferkeln zu schaffen. Hintergrund ist, dass Bundestag und Bundesrat Ende vergangenen Jahres eine zweijährige Fristverlängerung für die von Tierschützern heftig kritisierte betäubungslose Kastration gebilligt hatten, da die derzeit verfügbaren Alternativen den Anforderungen der Praxis nicht gerecht würden.
«Mir ist es wichtig, bereits jetzt in der Übergangsfrist Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration zu schaffen», erklärte Klöckner. Die Verordnung sei im Sinne des Tierwohls, denn Voraussetzung für die Betäubung durch die Bauern sei ein Sachkundenachweis, der sowohl eine theoretische als auch eine praktische Prüfung umfasse.
Landwirte hatten zuvor vor einer Überforderung gewarnt und beklagt, dass es bislang keine für sie praktikablen Alternativen gebe. Die Kastration wird für nötig gehalten, da männliche Schweine andernfalls den als unangenehm empfundenen Ebergeruch entwickeln können.
Der Verordnung müssen noch der Bundestag und der Bundesrat zustimmen. In Kraft treten soll sie dann in der zweiten Jahreshälfte.
Die Grünen-Politikerin Renate Künast warf der Bundesregierung vor, den Tierschutz auszuhöhlen, indem sie die «wirtschaftlichen Interessen über alles stellt». Mit der Isofluran-Betäubung werde «einseitig die Methode gefördert, die am kostengünstigsten ist». Damit ignoriere die Verordnung das Leid der Tiere.
Die Organisation Vier Pfoten kritisierte die geplante Betäubung durch die Landwirte scharf. «Die Anästhesie unter Isofluran gehört nicht in Laienhand», erklärten die Tierschützer. Sie sei ein «massiver Eingriff in das Nervensystem des Tieres» und ausserdem stets ein Risiko für das Tier. Vier Pfoten befürchtet, dass niemand kontrollieren werde, ob die Narkose richtig erfolge. Sie müsse weiter Tierärzten vorbehalten bleiben: «Eine sechsstündige Kurzschulung ersetzt eben kein Studium.»
Die Bundestierärztekammer hatte sich bereits in der Vergangenheit gegen die geplante Verordnung ausgesprochen. Sie verwies auf das Erkennen und Behandeln von Narkosezwischenfällen - etwa einem Herz-Kreislaufstillstand. Diese erforderten «tierärztlichen Sachverstand». Voraussetzung dafür sei ein Studium der Tiermedizin.