Brüssel will neue Medtech-Zulassungsregeln um 12 Monate verschieben
Um die Versorgung der Covid-19-Patienten gewährleisten zu können, möchte die EU-Kommission die neuen Regeln für die Medizinprodukt-Zulassung verschieben.
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Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Regeln für die Medizinprodukt-Zulassung sollen um zwölf Monate verschoben werden.
- Dies, da die für Covid-19-Patienten lebenswichtigen Geräte auf dem Markt bleiben müssen.
Die EU-Kommission will die neuen EU-Regeln für die Zulassung von Medizinprodukten (MDR) um zwölf Monate verschieben. Das teilt EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Schweizer Medtech-Firmen käme das sehr entgegen.
«Die für die Behandlung von Covid-19-Patienten lebenswichtigen Geräte müssen weiter auf dem Markt verfügbar bleiben», schrieb Kyriakides am Mittwoch.
Vital devices needed to treat #COVID19 patients must remain available on 🇪🇺 markets. For that reason, at the @EU_Commission, we are working to put forward a proposal to delay the implementation of the new medical devices Regulation by 12 months.
— Stella Kyriakides (@SKyriakidesEU) March 25, 2020
Deshalb sei die EU-Kommission daran, einen Vorschlag auszuarbeiten, der eine «Verschiebung der Inkraftsetzung» der neuen EU-Regelung um 12 Monate verlange.
Inkrafttreten war für den 26. Mai geplant
Das Inkrafttreten der neuen EU-Zulassungsregeln ist eigentlich für den 26. Mai geplant. Doch die neuen Regeln stellt die Medtech-Firmen, die Skalpelle, aber auch Beatmungsgeräte, Mundschutzmasken und Gummihandschuhe produzieren, vor Probleme.
Denn klar ist, es gibt zu wenig Zulassungsstellen, die ihre Produkte zertifizieren können. Hinzu kommt nun auch noch die Corona-Krise.
Daher hat der europäische Medtech-Dachverband gefordert, den Geltungsbeginn der neuen EU-Regeln zu verschieben. Swiss Medtech hatte die «Forderung vom BVMed nach einem Moratorium» von Anfang an unterstützt. Dies sagte Anita Holler von Swiss Medtech bereits früher zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Schweizer Medizinindustrie muss sich auf EU-Regeln vorbereiten
Was EU-Gesundheitskommissarin Kyriakides getwittert hat, sind für die Schweizer Medizinindustrie gute Neuigkeiten. Denn auch sie müssen sich wie die Firmen in der EU auf die neuen EU-Regeln vorbereiten.
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Hinzu kommt aber bei den Schweizer Unternehmen, dass sie sich auf den Verlust ihres privilegierten Zugangs zum EU-Binnenmarkt vorbereiten müssen. Der Verlust ist nämlich mit einem erheblichen Mehraufwand und Bürokratie verbunden. Dieser macht vielen Firmen zu schaffen.
Wie vielen Schweizer Firmen die rechtzeitige Umstellung gelingen wird, ist nicht bekannt. Doch Simon Michel, CEO von Ypsomed, äusserte sich kürzlich gegenüber CH-Media-Zeitungen. Er gehe davon aus, «dass es etwa die Hälfte nicht schaffen wird ihre Produkte rechtzeitig in der EU zuzulassen».
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Grund für diese schwierige Situation der Schweizer Medtech-Branche ist das institutionelle Rahmenabkommen. Die EU hatte klar gemacht, sie werde nicht mehr automatisch bestehende Abkommen mit der Schweiz aktualisieren.