CO2 kompensieren mit Flugmeilen: Für Umweltorganisationen absurd

Christoph Krummenacher
Christoph Krummenacher

Bern,

Wer mit der Swiss fliegt, kann seine gesammelten Flugmeilen spenden, um seine verursachten CO2-Emissionen zu kompensieren. Das ist absurd, sagen Umweltschützer.

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Swiss-Flugzeuge am Flughafen Zürich. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Swiss-Kunden können mit ihren Flugmeilen CO2-Emissionen kompensieren.
  • Dieses Angebot ist in mehrfacher Hinsicht problematisch, sagt die Umweltorganisation.

Die Swiss bietet ihren Kunden attraktive Vielflieger-Prämien. Koffer, Uhren, Wein, Schmuck – und neu auch CO2-Kompensationen. In Zusammenarbeit mit Myclimate können Passagiere ihre gesammelten Flugmeilen spenden.

Möglich sind Spenden bis zu 50'000 Meilen aufs Mal. Die Swiss will nicht sagen, welchem Wert in Franken die Meilenspenden entsprechen. Nau rechnet aufgrund der Angebote im Prämienshop einen ungefähren Wert aus. Demnach entsprechen 200-240 Meilen einem Franken.

Die Minimalspende von 3000 Meilen ist damit mindestens 12,50 Franken Wert. Wer 50'000 Meilen einlöst, spendet maximal 250 Franken. Zum Vergleich: Ein Hin- und Rückflug von Zürich nach New York «kostet» gemäss Myclimate zum Kompensieren 58 Franken. Die Strecke beträgt jedoch nur knapp 8000 Meilen, was umgerechnet wiederum nur 35-40 Franken ergibt bei der Swiss.

Umweltkoalition: «Dieses Angebot ist problematisch»

Die Idee stösst bei Umweltorganisationen auf Unverständnis. «Hierbei handelt es sich um ein gutes Beispiel von sogenanntem Greenwashing: eine PR-Massnahme, die wenig zum effektiven Umweltschutz beiträgt.» Das sagt Yves Chatton, Geschäftsführer von KLUG, der Koalition für Luftverkehr, Umwelt und Gesundheit.

Die KLUG besteht aus 24 regionalen und nationalen Organisationen, die sich für die Reduzierung der schädlichen Auswirkungen des Luftverkehrs einsetzen. An Bord sind etwa Greenpeace, WWF oder die Schweizerische Energie-Stiftung.

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Yves Chatton, Geschäftsführer der Koalition für Luftverkehr, Umwelt und Gesundheit KLUG. - zVg

«Dieses neue Kompensationsprogramm ist in mehrfacher Hinsicht problematisch», erklärt Chatton weiter. «Es führt die Fliegenden in die Irre und lässt sie glauben, durch die Kompensation habe ihr Flug keine Auswirkung auf das Klima. Das Gegenteil ist der Fall: Jeder Flug stösst grosse Mengen an Treibhausgasen aus.»

Schlimmer noch: «Das Programm ermuntert Menschen dazu, noch mehr zu fliegen, um Flugmeilen zu sammeln und so von Angeboten zu profitieren, die den Ausstoss von Treibhausgasen verstärken. Unter dem Strich steigt also der Treibhausgas-Ausstoss noch stärker an und gleichzeitig haben die Reisenden dabei ein gutes Gewissen.»

Sinn von CO2-Kompensationen bezweifelt

Chatton sieht im Prinzip von Kompensationen grundsätzlich ein Problem. «Erstens hat nur eine kleine Minderheit der Weltbevölkerung die Möglichkeit, überhaupt zu fliegen. Und die meisten Kompensationsmassnahmen finden in Ländern statt, in denen der Grossteil der Bevölkerung nicht fliegt. Hier gibt es eine grosse soziale Ungerechtigkeit.»

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Das Vielflieger-Prämienprogramm von Miles & More bietet Swiss-Kunden die Möglichkeit, den CO2-Ausstoss zu kompensieren. - Screenshots Webseite Miles & More

Und zweitens zweifelt Chatton die Effizienz von Kompensationsmassnahmen stark an. «Eine Studie des Öko-Instituts für die EU-Kommission hat die Effizienz von bestehenden Kompensationsprojekten untersucht und festgestellt, dass 85 Prozent der Projekte keinen oder nur einen sehr kleinen Beitrag zur Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses leisten.»

Flugkompensationen kontraproduktiv

Heute ist der Flugverkehr der Schweiz für fast 20 Prozent des menschgemachten Klimaeffekts verantwortlich. «Um die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten, müsste der Ausstoss von Treibhausgasen massiv gesenkt werden», so Chatton. «Und zwar rasch und überall, auch beim Flugverkehr. Kompensationsmassnahmen reichen bei weitem nicht aus.»

Flugkompensationen verbieten will die KLUG nicht. Doch: «Die Schweiz hat das Pariser Klimaabkommen ratifiziert, was bedeutet, dass die Netto-Null-Emissionen schnell erreicht werden müssen. Programme wie das ‹Vielflieger-Prämienprogramm›, die den Menschen einen Anreiz geben, viel mit dem Flugzeug zu reisen, sind mit einer konsequenten Klimapolitik nicht vereinbar.»

Chatton empfiehlt daher, so oft wie möglich andere Transportmittel als das Flugzeug zu wählen oder ein Reiseziel zu wählen, das ohne Flugzeug erreichbar ist. «Treibhausgas-Kompensationen empfehlen wir nur, wenn sich ein Flug unmöglich verhindern lässt.»

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