Okonjo-Iweala leitet als erste Frau die Welthandelsorganisation
An der Spitze der WTO steht erstmals eine Frau: Der Allgemeine Rat der Welthandelsorganisation bestimmte am Montag in Genf die Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala zur neuen Generaldirektorin.
Das Wichtigste in Kürze
- 66-jährige Ökonomin ist auch erste Afrikanerin auf dem Posten.
Die 66-jährige Ökonomin ist auch die erste Afrikanerin in dem Amt, das vor ihr der brasilianische Karrierediplomat Roberto Azevêdo innehatte. Eine starke WTO sei für eine Erholung nach der Corona-Pandemie «lebenswichtig», erklärte die frühere Finanzministerin.
«Zusammen können wir die WTO stärker, agiler und besser an die heutigen Realitäten angepasst machen», erklärte die Entwicklungsökonomin Okonjo-Iweala, die auf eine lange Weltbankerfahrung zurückblickt. Ihr neues Amt tritt sie am 1. März an.
Fokussieren will sie sich in ihrer zunächst bis Ende August 2025 dauernden Amtszeit darauf, dass die Mitgliedsländer im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht zusätzlich noch durch Handelshemmnisse und wachsenden Protektionismus ausgebremst werden. Die Nigerianerin ist auch Vorsitzende der weltweiten Impfallianz Gavi und war im Juli zur Sondergesandten der Afrikanischen Union für den Kampf gegen die Corona-Pandemie auf dem Kontinent ernannt worden.
Die WTO mit Sitz in Genf gehört neben dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank zu den wichtigsten internationalen Organisationen in der Wirtschaftspolitik. Sie soll vor allem ein Forum für Verhandlungen zum Abbau von Zöllen sowie anderen Handelshemmnissen bieten und überwachen, ob internationale Handelsabkommen eingehalten werden.
Zuletzt war die WTO aber zunehmend unter Druck geraten. So ist die Berufungsinstanz des Streitbeilegungsmechanismus der Organisation wegen einer Blockade der USA nicht funktionsfähig; Washington hatte unter Präsident Donald Trump zudem sogar damit gedroht, die WTO zu verlassen.
Unter Trump favorisierten die USA zunächst die Südkoreanerin Yoo Myung Hee als Nachfolgerin Azevêdos, der Ende August vorzeitig aus dem Amt geschieden war. Nach dem Amtsantritt von Joe Biden im Weissen Haus zog sich die Südkoreanerin dann Anfang Februar aus dem Rennen um dem WTO-Chefposten zurück - und machte damit den Weg für Okonjo-Iweala frei.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem «historischen Moment für die ganze Welt» und sicherte Okonjo-Iweala die volle Unterstützung Europas zu. «Wir unterstützen die Reform der WTO und werden Ihnen helfen, das regelbasierte multilaterale Handelssystem zu schützen», erklärte von der Leyen.
Die Ernennung Okonjo-Iwealas zur WTO-Chefin sei ein «Befreiungsschlag für dringend notwendige Reformen», erklärte Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI). Zugleich sei die Einigung auf Okonjo-Iweala «ein Hoffnungszeichen für den internationalen regelbasierten Handel».
Die Neubesetzung biete die Chance, «wieder klare Wettbewerbsregeln von den Mitgliedern einzufordern und die in den vergangenen Jahren zugenommenen Handelsspannungen zu entschärfen», erklärte Niedermark.
Die Leiterin des Ifo-Zentrums für Aussenwirtschaft, Lisandra Flach, nannte die Wahl eine «einzigartige Chance». Nach den schwierigen Trump-Jahren bestehe nun die Gelegenheit, die internationalen Verhandlungen über den Handel wiederzubeleben, um ein stabileres System zu erreichen, das nicht auf einseitigen Beziehungen beruhe, erklärte sie in München.
Der Präsident des IfW Kiel, Gabriel Felbermayr, lobte, Okonjo-Iweala sei eine «tatkräftige und erfahrene neue Generaldirektorin». Dies sei «eine wichtige Voraussetzung, um die drohende Irrelevanz der WTO abzuwenden».