Emmi kämpft mit der Kosteninflation
Der Milchverarbeiter Emmi bereitet sich auf weitere Kostenerhöhungen vor. Im vergangenen Jahr wurde das Unternehmen zwar profitabler, das ist aber vor allem dem ersten Halbjahr zu verdanken. «Die brutale Wahrheit der Inputkosten ist noch nicht ganz durchgesickert», sagt CEO Urs Riedener im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Das Wichtigste in Kürze
- Dem Hersteller von Caffè Latte, Gerber Fondue und Toni Joghurt machen aktuell die höheren Preise zu schaffen: Rohstoffe wie Milch oder Kaffeebohnen werden teurer, Transporte kosten immer mehr und die Energiepreise steigen auch.
Dazu kommt die Beschleunigung der Inflationsrate, vor allem in den USA, aber auch in Europa und in der Schweiz.
Im ersten Halbjahr steigerte das Unternehmen die operativen Gewinnmarge (EBITDA-Marge) noch deutlich auf 9,9 von 9,5 Prozent. Im zweiten Semester sank die Profitabilität im Vergleich mit dem Vorjahreswert jedoch auf 10,1 Prozent von 10,5 Prozent ab. Die Reingewinnmarge konnte das Unternehmen gerade noch konstant halten, nachdem es sie im ersten Halbjahr noch erhöht hatte. Das zeigt: Die Situation wurde im zweiten Halbjahr schwieriger.
Emmi will die Preissteigerungen jedoch nicht aus eigener Kraft stemmen: «Mit den knappen Margen in unserer Branche ist es nicht möglich, die teils extremen Inputkostensteigerungen gänzlich selber zu tragen», so Riedener. Emmi muss die Preiserhöhungen darum an seine Kunden weitergeben.
Vor allem in der Schweiz sei das allerdings kein leichtes Unterfangen, sagt Riedener: «Bei den Preisverhandlungen auch mit dem Schweizer Detailhandel gibt es oft intensivere Diskussionen.»
Grund dafür sei, dass man sich gerade in Ländern wie der Schweiz und den Nachbarländern Österreich und Deutschland solche Inflationsraten wie die aktuellen nicht gewohnt sei. Bislang wurden die Produkte in der Region eher immer günstiger statt immer teurer.
«Darum sind die Preis- und Konditionenverhandlungen hier mitunter am härtesten», erklärt Riedener. Immerhin: Inzwischen sei das Verständnis der Detailhändler für die Situation der Lebensmittelhersteller etwas grösser geworden.
Bei Emmi sind die Preisverhandlungen mittlerweile abgeschlossen, wie Riedener erklärt. «Doch die ausgehandelten Preissteigerungen werden für die Zukunft nicht ausreichen», sagt er. Denn sie würden noch auf der Annahme tieferer Inflationsraten basieren. Für Emmi heisst das, dass bald schon wieder neue Verhandlungen aufgenommen werden müssen.
Riedener geht davon aus, dass sich die Teuerung nicht so schnell wieder abschwächt. «Auch die Schweiz muss lernen, auf allen Stufen mit Inflation umzugehen, denn sie wird uns noch jahrelang beschäftigen.»
Nebst der Weitergabe der Preisinflation will Emmi den höheren Kosten aber auch noch auf andere Art und Weise begegnen. Das Unternehmen hat vor, gezielt in Wachstum und Effizienzsteigerungen zu investieren.
Das gilt laut Riedener aber zuerst vor allem für das organische Wachstum. Firmenübernahmen hätten momentan keine Priorität, sagte er. «Momentan ist der Schutz vor den steigenden Kosten das Wichtigste für unser Geschäft.»
Es gebe zwar im Moment diverse Firmen, die in betriebswirtschaftliche Schieflage geraten seien und die man daher günstig haben könnte. «Aber wir wollen uns keine Restrukturierungsfälle aufhalsen», betont der Emmi-Chef. Wenn man ein Unternehmen kaufe, müsse es solide aufgestellt krisenresistent und passend zur Strategie und zur Kultur sein. «Seit Jahren sind wir in der guten Position, dass wir wählerisch sein können.»
Emmi hat im vergangenen Jahr einen Reingewinn von 216,7 Millionen Franken erzielt (+7%) und den operativen Gewinn (EBIT) um 4,8 Prozent auf 284,1 Millionen gesteigert. Der Umsatz stieg um 5,6 Prozent auf 3,91 Milliarden Franken.
Trotz der grossen Unsicherheit bezüglich der Kostensituation ist Riedener für das laufende Jahr «vorsichtig optimistisch». Emmi geht im aktuellen Jahr für die gesamte Gruppe von einem organischen Umsatzwachstum von 2,5 bis 3,5 Prozent aus. Während die Division Schweiz etwas schrumpfen dürfte, wird Emmi in den Regionen Europa und Americas jedoch wachsen.
Das Unternehmen peilt 2022 einen EBIT von 290 bis 305 Millionen Franken an. Nach derzeitigem Stand dürfte der laut Riedener eher näher an 290 Millionen liegen.