Mieterlass für Geschäfte nicht in trockenen Tüchern

Michael Bolzli
Michael Bolzli

Bern,

Das Parlament hat sich im Sommer für einen Mieterlass für Läden ausgesprochen. Die Rechtskommission des Nationalrats macht jetzt einen Rückzieher.

Lockdown
Während des Lockdowns konnten Restaurants keine Gäste empfangen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • National- und Ständerat haben sich für einen Mieterlass für Geschäftsmieter ausgesprochen.
  • Die Rechtskommission des Nationalrats hat sich soeben dagegen ausgesprochen.
  • Ein Bericht des Bundes zeigt, dass ein Grossteil der Mieter kein Problem hat.

Nach langem Hin und Her einigte sich im Sommer das Parlament auf eine Mietzinsreaktion für Geschäfte, die während des Lockdowns schliessen mussten. Ein Erfolg für die Ratslinke, die sich für das Anliegen stark gemacht hatte – obwohl sie sich eine Mietreduktion von 80 statt 60 Prozent gewünscht hätte.

Doch jetzt der Rückschlag. Vergangenen Freitag hat sich die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates gegen den Gesetzesentwurf ausgesprochen. Grund: Für eine Mehrheit der Kommission ist die Verminderung ein «unverhältnismässiger, verfassungswidriger Eingriff» in bestehende vertragliche Rechte.

Zudem stört sich die Kommission daran, dass nur Gewerbler profitieren, welche ihr Lokal mieten. Das verzerre den Wettbewerb.

Supermarkt
Während des Lockdowns durften nur Supermärkte offen bleiben. - Keystone

Der Hauseigentümerverband HEV hat sich früh gegen das Gesetz gewehrt und stattdessen bilaterale Lösungen propagiert. Entsprechend erfreut ist der Verband über den Entscheid. Denn: «Profitieren würden auf Kosten der privaten Vermieter und Pensionskassen auch viele finanzstarke Unternehmer.»

Mieterverband: «Tausende ohne Lösung»

Zerknirscht klingt es beim Mieterverband: «Es bleiben weiterhin Tausende von Fällen in der ganzen Schweiz ohne Lösung», sagt Präsident Carlo Sommaruga. Das Gesetz würde eine wichtige finanzielle Entlastung ermöglichen und könnte Konkurse verhindern, argumentiert der Genfer SP-Ständerat.

Carlo Sommaruga
Mietverbandspräsident Carlo Sommaruga spricht an einer Medienkonferenz. - Keystone

Lange war unklar, wie gross das Problem ist. Während sich Immobilienbesitzer öffentlich als entgegenkommend zeigten, sprachen Branchenvertreter von ganz anderen Erfahrungen. Die Vermieter seien oft nicht gesprächsbereit, kritisierte Gastrosuisse-Geschäftsleitungsmitglied Christian Belser im Mai Gegenüber Nau.ch.

Wie die Situation tatsächlich ist, zeigt ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Bundes. Dieser kommt zum Schluss, dass es zu «überraschend zahlreiche Einigungen» über Mietzinssenkungen gekommen sei.

Viel Mieter haben Lösung gefunden

Dabei stützt sich der Bund auf Zahlen von gfs.bern. Das Marktforschungsinstitut hat im Sommer bei über 1900 Firmen eine Umfrage durchgeführt, welche direkt oder indirekt vom Lockdown betroffen waren.

Das Resultat: 40 Prozent der Geschäftsmieter haben gar nicht für eine Zinsreduktion angefragt. Bei 31 Prozent der Mieter waren die Vermieter entgegenkommend, 17 Prozent stiessen auf Ablehnung. Jeder Zehnte war zum Zeitpunkt der Umfrage noch in Verhandlungen.

Coiffeur
Coiffeur-Geschäfte durften zuerst wieder öffnen. - sda - KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Der Bericht zeigt auch das Ausmass, welches das Gesetz hätte: Gemäss Daten von Wüest Partner wären 113'000 Mietverträge betroffen.

Entscheid fällt Ende Oktober

Das letzte Kapitel um die Geschäftsmieten ist noch nicht geschrieben. In der Sondersession Ende Oktober wird das Geschäft erneut im Nationalrat behandelt.

In den betroffenen Branchen gibt man sich optimistisch. Der Handelsverband geht davon aus, dass das Parlament am ursprünglichen Entscheid festhält. Gastrosuisse hält es für unverständlich, wenn Geschäftsmietende nun doch im Regen stehen gelassen würden.

Handelsverband-Geschäftsführer Patrick Kessler macht denn auch deutlich, wie wichtig das Gesetz für betroffene Branchen sei: «Corona ist noch nicht vorbei. Der stationäre Handel aber auch Restaurants, Coiffeure und andere leiden mit jeder zusätzlichen Massnahme seitens Kantone noch etwas mehr.»

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