Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck plant einen staatlichen Fonds zur Belebung der schwächelnden deutschen Wirtschaft.
Robert Habeck ist Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.
Robert Habeck ist Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. (Archivbild) - Kay Nietfeld/dpa

Mit einem staatlichen Investitions- und Infrastrukturfonds will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die lahmende deutsche Wirtschaft rasch wieder in Schwung bringen. «Das würde den grossen Booster für die Volkswirtschaft auslösen, wenn die Unternehmen jetzt mehr investieren würden», sagte der Grünen-Politiker in Berlin. Nach seinen Vorstellungen sollen Unternehmen daher zehn Prozent aller Investitionen von ihren Steuern abgezogen oder – bei niedriger Steuerlast – vom Staat erstattet bekommen.

«Wir sollten Investitionen mit einer unbürokratischen Investitionsprämie von zehn Prozent fördern. Und zwar für alle Unternehmen, gerade auch Handwerksbetriebe sowie kleine und mittelständische Betriebe», schrieb der Grünen-Politiker in einer «Modernisierungsagenda». Sie sieht als zweite Säule vor, die Infrastruktur wie Energie- und Kommunikationsnetze, Verkehrswege und Bildungseinrichtungen zu modernisieren.

Verringerung hoher Stromkosten

Habeck hatte bereits im Februar ein milliardenschweres Sondervermögen zur Entlastung von Firmen vorgeschlagen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) wies den Vorstoss damals zurück. Habecks neues Papier sieht auch eine Verringerung der hohen Stromkosten vor, die von Unternehmen immer wieder als Standortnachteil genannt werden.

Profitieren sollen dabei auch private Verbraucher und Verbraucherinnen. Etwa indem die Stromsteuer für alle grundsätzlich auf das europarechtlich vorgeschriebene Minimum reduziert wird. Auch die Netzentgelte sollen nach dem Konzept deutlich gesenkt werden.

«Wollen wir uns auf den Weg machen?»

Zum finanziellen Umfang eines solchen Fonds wollte sich Habeck nicht festlegen. Es gebe aber Berechnungen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), die eine «mittlere dreistellige Milliardenzahl» für die nächsten Jahre vorsähen, sagte er in Berlin. «Also, wir reden hier schon von einem grossen Volumen, das dann allerdings über viele Jahre verausgabt wird.»

Es gehe um die Erneuerung der Standortbedingungen in Deutschland. «Die erste Frage, finde ich, ist nicht: Sind es jetzt 200, 300 oder 400 Milliarden? Sondern: Wollen wir uns auf den Weg machen?»

Finanziert werden soll dieser Fonds über Schulden – ein Wort, das Habeck allerdings nicht in den Mund nahm. «Das muss vorfinanziert werden, ich sehe keine andere realpolitische Möglichkeit», sagte er. «Ich finde, diese Fondsidee ist auch für diejenigen, die auf einer strikten Einhaltung der Schuldenbremse bestehen, hoffe ich jedenfalls, ein gangbarer Weg, weil es eine begrenzte Verabredung ist.»

Investitions- und Wachstumsbremse

Es gehe nicht um eine prinzipielle Öffnung der Schuldenbremse. Habeck will diese aber wohl für sein Vorhaben lockern. In seinem Papier nennt er die Schuldenbremse «in ihrer jetzigen Form eine Investitions- und Wachstumsbremse».

Die FDP, die sich als Hüterin der Schuldenbremse versteht, lief prompt Sturm. Als «kurzsichtig und nicht zielführend», bezeichnete FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Vorschlag. «Wahllos Subventionen auszuzahlen und dafür Hunderte Milliarden Euro an neuen Schulden anzuhäufen, kann unseren Wirtschaftsstandort nicht nachhaltig stärken.»

Nötig seien umfassende Reformen zur Verbesserung der Standortbedingungen und Entfesselung des privaten Kapitals. Die Vize-FDP-Vorsitzende und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Es ist kein überzeugendes Konzept, der deutschen Wirtschaft über beispiellos hohe Steuern und Abgaben Geld zu entziehen und es dann über einen Staatsfonds umzuverteilen.»

Positive Reaktionen aus der Wirtschaft

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, warf dem Wirtschaftsminister in der «Rheinischen Post» vor, er wolle den Weg in die Staatswirtschaft weitergehen. «Mit einer geradezu unglaublichen Staatsgläubigkeit und der Bereitschaft zum Interventionismus wird er aber eben gerade nicht wirtschaftliche Erholung und Wachstum erreichen. Dondern vor allem mehr Bürokratie», sagte der CDU-Politiker.

Positive Reaktionen kamen dagegen aus der Wirtschaft. «Robert Habeck zeigt, dass er verstanden hat, wo die Probleme in Deutschland liegen», erklärte der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. Er habe die Themen richtig benannt. «Ungeklärt bleibt aber die Finanzierung.»

Kritik an fehlenden Strukturreformen

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, bescheinigte Habeck, er bringe dringend benötigten Schwung in die Debatte um die notwendigen Veränderungen der deutschen Volkswirtschaft. «Das ambitionierte Papier setzt zu Recht auf eine angebotsseitige Stärkung der deutschen Wirtschaft. Um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.»

Dagegen bezeichnete Marie-Christine Ostermann, die Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmer, die Vorschläge als «weitere Nebelkerze». Um der Wirtschaft zu helfen, sollte Habeck Strukturreformen auf den Weg bringen. «Kurzfristig wäre die Soli-Abschaffung ein Investitionsbooster.»

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