Schweiz oder Schweden: Welche Wirtschaft meistert die Krise besser?
Die Schweiz hat den Lockdown verhängt, Schweden nicht. Trotzdem ist die Wirtschaft fast gleich stark betroffen. Auch bei den Prognosen sieht es ähnlich aus.
Das Wichtigste in Kürze
- Gemäss dem KOF dürfte das BIP der Schweiz und Schweden um rund fünf Prozent zurückgehen.
- In Schweden sind allerdings deutlich mehr Personen am Coronavirus gestorben.
Die Schweiz und Schweden haben sehr unterschiedliche Wege im Umgang mit der Corona-Pandemie gewählt. Während hierzulande im März ein Teil-Lockdown verordnet wurde, hat man in Schweden nur Verhaltensempfehlungen abgegeben.
Das schwedische Modell hat viele Leben gekostet. Aktuell verzeichnet das skandinavische Land fast 5800 Covid-Tote. In der Schweiz – zwar mit etwas weniger Einwohnern – sind mit etwas über 1700 Personen allerdings deutlich weniger am Coronavirus verstorben.
Ähnlich starker Einbruch
Wirtschaftlich sind die Unterschiede hingegen gering. Obwohl kein Lockdown verordnet wurde, verzeichnete das schwedische BIP im zweiten Quartal einen Rückgang von 8,6 Prozent. Offizielle Zahlen der Schweiz erscheinen erst Ende Monat. Die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich erwartet für den gleichen Zeitraum ein Minus von 8,4 Prozent.
Warum reagiert die Wirtschaft ähnlich, obwohl die Massnahmen ganz unterschiedlich waren? KOF-Forscher Yngve Abrahamsen erklärt: «Die weltweiten Unterbrüche in den Lieferketten wirken sich gleichermassen auf die Wirtschaft beider Länder aus, deren internationale Verflechtung recht ähnlich ist.»
Ferner sei die Zurückhaltung der Konsumenten in beiden Ländern recht gross gewesen. «Auch wenn sie in Schweden freiwillig erfolgte.»
Schweiz und Schweden sind wirtschaftlich ähnlich aufgestellt. Beide Länder sind geprägt von Dienstleistungsunternehmen, die Industrie macht jeweils weniger als 20 Prozent aus. Entsprechend hat die Arbeitslosigkeit nach Ausbruch der Krise ähnlich stark zugenommen.
Massnahmen sehr ähnlich
Auch die Massnahmen, die die Effekte der Corona-Krise abfedern sollen, sind ähnlich. Beide setzen auf Kurzarbeit, wobei in Schweden die Arbeitszeit maximal um 80 Prozent reduziert werden kann. Wie bei uns ist es auch in Schweden möglich, Bezahlung von Steuern und Sozialabgaben aufzuschieben. Trotz der vielen Gemeinsamkeiten ist es denkbar, dass sich beide Länder nicht gleich schnell erholen.
Wichtig sei, welche Exportbranchen sich zuerst erholen, sagt Abrahamsen. «Die Schweiz hat mit der starken Stellung der pharmazeutischen Industrie hier einen Vorteil, während Schweden als EU-Mitglied stärker von einer schnelleren Erholung in Europa als in den anderen Weltregionen profitieren wird.»
Unter dem Strich macht der KOF-Forscher für beide Länder eine ähnliche Prognose. «Wir gehen davon aus, dass der Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität in diesem Jahr in beiden Ländern ungefähr gleich gross ausfallen wird – in der Grössenordnung von 5 Prozent.» Damit dürften beide Länder deutlich besser wegkommen als viele EU-Staaten.